Dann nutze ich doch gerade mal die Chance, den 4. Tag fortzusetzen:
24. August – Tag 4 (Teil 2)
Rentiere, Elche und eine unerwartete Steckdose (Fortsetzung)
Mit dem Sonnenschein verschwindet auch langsam der Dunst, so dass man nach Nordosten bis Vadsø und gen Westen bis in die Finnmarkvidda sehen kann.
Manchmal am Meer, manchmal oberhalb geht es weiter nach Westen. Dies sind die ersten Kilometer, bei denen der Wind spürbar ist, zum Glück von hinten . Umso besser kann ich die schöne Landschaft genießen.
In Reppen steht das Isak Saba-huset aus den 1830er-Jahren. Einerseits ist es das älteste gut erhaltene Haus in der Gemeinde Nesseby, andererseits ist es das Geburtshaus von Isak Saba. Er ist der erste samische Abgeordnete im Storting (dem norwegischen Parlament) und Autor der samischen Nationalhymne. Daher wird das Haus gut gepflegt.
Bald darauf führt die Straße durch weite Birkenwälder gen Norden, bis ich in Varangerbotn auf den ersten Kreisverkehr seit Kirkenes stoße. Dort befindet sich auch die Tankstelle (mit Shop), in der ich meine Vorräte ergänzen kann.
Hier verlasse ich die E6 und folge der E75 (die hier beginnt) nach Osten. Früher war dies einfach die Straße 98, die von Lakselv nach Vardø führte. Seit ein paar Jahren ist es eine nationale Turistenstraße.
Für den Rest des Tages folge ich dem Ufer des Meskfjord, dem nördlichsten der drei Fjorde, in die der Varangerfjord ausläuft. Jetzt muss ich leider gegen den Wind fahren, aber es sind ja nur noch 8 km bis zu meinem geplanten Tagesziel.
Auf der Weiterfahrt kommt mir mein erster Tourenfahrer entgegen. Er fährt ein Rennrad mit Anhänger. Da ich gerade auf einer Abfahrt bin und er sich den Anstieg (kurz aber heftig) hochquält, grüßen wir uns nur kurz und setzen unsere Fahrt fort.
Am Horizont erscheint bald die Kirche von Nesseby, die auf einer Landzunge weit draußen im Varangerfjord liegt.
Kurz danach erreiche ich den Rastplatz „Gornitak“, wo ich im Windschatten der Reste der Kaianlage aus dem 2. Weltkrieg mein Zelt aufbaute. Dies war ursprünglich ein alter samischer Hafen, der von den Deutschen während der Besatzungszeit als Munitionsdepot missbraucht wurde.
Ich finde sogar einen windgeschützten Platz, an dem ich in der Sonne meine Suppe kochen kann . Bis gegen 20 Uhr genieße ich noch ein wenig die Stimmung vor dem Sonnenuntergang.
Dann macht sich der Akku der Kamera bemerkbar, der aufgeladen werden will. Daraufhin probiere ich die Steckdose aus, die an der Außenwand des WC installiert ist – und erstaunlicherweise funktioniert sie . Da das Ladekabel nicht bis zum Boden reicht muss ich jetzt „nur“ noch etwas finden, auf dem ich die Kamera ablegen kann. Die Betonbänke auf dem Rastplatz sind mir eindeutig zu schwer zum Verschieben, kommen also nicht in Frage . Nach kurzer Überlegung hole ich kurzerhand mein Fahrrad. Der Gepäckträger hat genau die richtige Höhe als Ablagefläche, so dass ich meine Kamera und (da es eine zweite Steckdose gibt) auch meinen Rasierapparat ablegen kann.
Der Nachteil an dieser Aktion ist, dass ich natürlich die ganze Konstruktion solange im Blick behalten muss, bis der Akku geladen ist. So komme ich erst gegen 22 Uhr ins Zelt. Praktisch, dass die blaue Stunde genau so lange dauert und ich in der Zeit noch draußen ein wenig laufen kann.
Fortsetzung folgt…