Mit Fahrrad und (Hurtigruten-) Schiff von Kirkenes nach Göteborg

  • Dann nutze ich doch gerade mal die Chance, den 4. Tag fortzusetzen:


    24. August – Tag 4 (Teil 2)


    Rentiere, Elche und eine unerwartete Steckdose (Fortsetzung)


    Mit dem Sonnenschein verschwindet auch langsam der Dunst, so dass man nach Nordosten bis Vadsø und gen Westen bis in die Finnmarkvidda sehen kann.


    Manchmal am Meer, manchmal oberhalb geht es weiter nach Westen. Dies sind die ersten Kilometer, bei denen der Wind spürbar ist, zum Glück von hinten :) . Umso besser kann ich die schöne Landschaft genießen.


    In Reppen steht das Isak Saba-huset aus den 1830er-Jahren. Einerseits ist es das älteste gut erhaltene Haus in der Gemeinde Nesseby, andererseits ist es das Geburtshaus von Isak Saba. Er ist der erste samische Abgeordnete im Storting (dem norwegischen Parlament) und Autor der samischen Nationalhymne. Daher wird das Haus gut gepflegt.


    Bald darauf führt die Straße durch weite Birkenwälder gen Norden, bis ich in Varangerbotn auf den ersten Kreisverkehr seit Kirkenes stoße. Dort befindet sich auch die Tankstelle (mit Shop), in der ich meine Vorräte ergänzen kann.
    Hier verlasse ich die E6 und folge der E75 (die hier beginnt) nach Osten. Früher war dies einfach die Straße 98, die von Lakselv nach Vardø führte. Seit ein paar Jahren ist es eine nationale Turistenstraße.
    Für den Rest des Tages folge ich dem Ufer des Meskfjord, dem nördlichsten der drei Fjorde, in die der Varangerfjord ausläuft. Jetzt muss ich leider gegen den Wind fahren, aber es sind ja nur noch 8 km bis zu meinem geplanten Tagesziel. :8):


    Auf der Weiterfahrt kommt mir mein erster Tourenfahrer entgegen. Er fährt ein Rennrad mit Anhänger. Da ich gerade auf einer Abfahrt bin und er sich den Anstieg (kurz aber heftig) hochquält, grüßen wir uns nur kurz und setzen unsere Fahrt fort.
    Am Horizont erscheint bald die Kirche von Nesseby, die auf einer Landzunge weit draußen im Varangerfjord liegt.


    Kurz danach erreiche ich den Rastplatz „Gornitak“, wo ich im Windschatten der Reste der Kaianlage aus dem 2. Weltkrieg mein Zelt aufbaute. Dies war ursprünglich ein alter samischer Hafen, der von den Deutschen während der Besatzungszeit als Munitionsdepot missbraucht wurde.
    Ich finde sogar einen windgeschützten Platz, an dem ich in der Sonne meine Suppe kochen kann :essen: . Bis gegen 20 Uhr genieße ich noch ein wenig die Stimmung vor dem Sonnenuntergang.


    Dann macht sich der Akku der Kamera bemerkbar, der aufgeladen werden will. Daraufhin probiere ich die Steckdose aus, die an der Außenwand des WC installiert ist – und erstaunlicherweise funktioniert sie :D . Da das Ladekabel nicht bis zum Boden reicht muss ich jetzt „nur“ noch etwas finden, auf dem ich die Kamera ablegen kann. Die Betonbänke auf dem Rastplatz sind mir eindeutig zu schwer zum Verschieben, kommen also nicht in Frage :hmm: . Nach kurzer Überlegung hole ich kurzerhand mein Fahrrad. Der Gepäckträger hat genau die richtige Höhe als Ablagefläche, so dass ich meine Kamera und (da es eine zweite Steckdose gibt) auch meinen Rasierapparat ablegen kann. ^^


    Der Nachteil an dieser Aktion ist, dass ich natürlich die ganze Konstruktion solange im Blick behalten muss, bis der Akku geladen ist. So komme ich erst gegen 22 Uhr ins Zelt. Praktisch, dass die blaue Stunde genau so lange dauert und ich in der Zeit noch draußen ein wenig laufen kann.


    Fortsetzung folgt…

    Chor: Wir sind alle Individualisten :o-smile
    Einzelstimme: Ich nicht :o-tongue


    Reiseberichte siehe Profil :lofoten2:



  • Ich hatte noch einen Ausfall am Fahrrad,


    Spätestens hier hätte ich das Fahrrad Fahrrad sein lassen und hätte mir schnellstmöglich einen Platz bei Hurtigruten organisiert!
    Nach Tag 2 muss ich jetzt wieder eine Lesepause einlegen und bin somit schon total auf deine anderen Einträge gespannt...
    und auf die tollen Fotos :thumbup:

  • Habe gerade meine Mittagspause genutzt um deinen schönen Bericht zu lesen. ^^
    Waren die Häuser auf Bild 14 bewohnt?


    Es muss ein irres Gefühl sein, allein vor dem Zelt und evtl. keine andere Menschenseele in der Nähe und dann den Ausblick von Bild 16!
    Das muss sehr beeindruckend sein und näher an der Natur geht ja kaum! Ich beneide dich ein wenig um diese Erfahrungen. :girl_sigh:
    Freue mich auf die weiteren Reisetage,


    LG Steffi :)


  • Spätestens hier hätte ich das Fahrrad Fahrrad sein lassen und hätte mir schnellstmöglich einen Platz bei Hurtigruten organisiert!


    Das sagt sich so einfach :D


    Wenn Hurtigruten nach Göteborg fahren würde, wäre das ja noch eine Option gewesen, ;) denn da musste ich ja letzendlich hin. Die Rückfahrt war ja schon gebucht und bezahlt.
    Aber bevor ich anfange, alles umzuorganisieren, versuche ich doch lieber das Beste draus zu machen (in dem Fall war Hurtigruten auch mit dran beteiligt) und so halbwegs wie geplant weiter zu machen.
    Außerdem hatte ich ja zu dem Zeitpunkt noch 3 Wochen vor mir...
    Da spielt dann auch die skandinavische Gelassenheit eine Rolle, in der ich bei solchen Reisen ganz schnell ankomme. Abbrechen kommt dann nicht in Frage!



    Waren die Häuser auf Bild 14 bewohnt?


    Das rechte Haus gehörte zu einem Museum, das aber nur im Sommer geöffnet war (d.h. bis Mitte August). Die gleichen Öffnungszeiten hatte das linke Haus, in dem eine Galerie untergebracht war. Und das Haus im Hintergrund in der Mitte bestand eigentlich nur noch aus der einen Wand, die man auf dem Foto sieht, der Rest war schon eingestürzt :D


    Es muss ein irres Gefühl sein, allein vor dem Zelt und evtl. keine andere Menschenseele in der Nähe und dann den Ausblick von Bild 16!


    Das ist ja genau der Grund, warum ich solche Touren gerne mit dem Zelt mache :)
    Und wenn dann mal alles zusammen kommt (einsames Plätzchen, gutes Wetter und gute Aussicht), dann heißt es eben:
    GENIESSEN ! :sgenau:


    Viele Grüße
    Noschwefi

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  • Mein lieber Herr Gesangsverein, Respekt vor Deinem Vorhaben, Deiner Leistung und Deinem Improvisationstalent! :good3:
    Tolle Fotos, gigantische Stimmungs-Bilder, im wahrsten Sinn des Wortes. :sdanke:
    Ich bin gespannt, wie es weitergeht :woot: - auch wenn so ein Unternehmen für mich rein überhaupt nichts wäre... :blush2: :winki:

  • 25. August – Tag 5 (Teil 1)


    Gräber mit und ohne Kreuz und ein Moped, das keins war


    Ich werde wieder gegen halb sechs wach. Ein erster Blick aus dem Zelt sagt mir: Standardwetter. Als ich dann komplett draußen bin, muss ich diesen Eindruck jedoch revidieren: Trocken ist es immer noch, aber es weht ein Ostwind (mit maximaler Windstärke 2, aber immerhin) und es gibt eine kleine Wolkenlücke im Westen, es ist also doch nicht ganz bedeckt.
    Auf dem Rückweg vom Frühstück zum Zelt (wenn ich mich schon auf einem Rastplatz befinde, kann ich mich ja auch auf eine Bank setzen und muss nicht beim Essen im Zelt hocken :essen: ) sehe ich die Kirche von Nesseby in einer schönen Novemberstimmung:


    20 Minuten nach der Abfahrt bin ich in Nesseby. Von dem Wegweiser, dass die Kirche 800 Meter abseits der Straße liegt, lasse ich mich natürlich nicht abschrecken. :D
    Trotz (oder gerade wegen?) der Novemberstimmung ergeben sich ein paar stimmungsvolle Motive, denen ich nicht widerstehen konnte.


    Weiter geht es, der einsamen Straße folgend, nach Osten.


    Kurze Zeit später erreiche ich Ceavccageadgi (ich glaube der norwegische Name Mortensnes ist etwas leichter auszusprechen). Dort befindet sich eine Außenstelle des samischen Museums Varangerbotn. Hier gibt es einen alten samischen Opferstein sowie Siedlungsreste der letzten 10.000 Jahre. Da sich das Land hier seit der letzten Eiszeit permanent hebt, liegt der Küstenbereich von vor 10.000 Jahren jetzt in fast 60 Meter Höhe. Da die Menschen sich immer am Ufer angesiedelt haben und dieser Ort permanent bewohnt ist, gibt es Ausgrabungen aus jeder Periode von der Steinzeit bis zur Gegenwart (die Fundamente einer Handelsstation aus dem Jahr 1784).
    Das Museum selber ist zwar geschlossen, aber für den Außenbereich liegt sogar ein Faltblatt mit Wegbeschreibung aus.
    Da ich Zeit genug habe, folge ich dem Rundweg (ca. 4 km).


    Das erste für mich wirklich interessante Objekt auf meinem Weg ist allerdings die Freiluft-Toilette: :hmm: :mosking:


    Bald darauf stehe ich vor dem Opferstein, der von 13 Steinkreisen umgeben ist. Ebenfalls ganz interessant ist die Rekonstruktion einer samischen Hütte, die in weitgehend unveränderter Form viele Jahrtausende (stellenweise sogar heute noch) genutzt wird.


    Auf dem Rückweg komme ich erst an einem definitiv nicht antiken Bauwerk vorbei. Anschließend geht es durch einen Friedhof, in dem die Toten in Höhlen in den Felsenbestattet worden sind.


    Nach einer kleinen Stärkung fahre ich weiter, jetzt mit etwas stärkerem Gegenwind. Er ist aber nicht so kräftig, dass ich deswegen in einem niedrigeren Gang fahren müsste. :sgenau:



    Fortsetzung folgt…


    Technisch bedingt folgt Teil 2 des Tages später (auch für diesen Tag gibt es mehr als 20 Fotos).

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  • Hi Du :)


    Es macht richtig Freude, mal ausführlich zu erfahren, was Du während Deiner langen "Auszeiten" so alles treibst. :P


    Liebe Grüße
    bonimali

  • Eigentlich wollte ich Deinen Bericht ja nicht lesen,war mir auf den ersten Blick schlicht zu viel T**t,aber lassen wir das... :mosking: Hab nun alles in einem Rutsch gelesen und die tollen Bilder bestaunt,bin dabei zu einem Urteil gekommen: Respekt für diese Leistung! :thank_you:

  • 25. August – Tag 5 (Teil 2)


    Gräber mit und ohne Kreuz und ein Moped, das keins war (Fortsetzung)


    Unterwegs höre ich ein Moped, das sich langsam von hinten nähert. Nach einigen Minuten denke ich, dass es doch jetzt mal langsam überholen kann. Ein Blick über die Schulter sagt mir aber, dass da gar kein Fahrzeug hinter mir ist. :hmm: Das Geräusch bleibt aber konstant leicht hinter mir. Seltsam. ?(
    Nach ein paar weiteren Minuten kommt dann die Auflösung: Auf dem Fjord fährt in gleichem Tempo wie ich ein Fischerboot. :whistle3: Ich kann es nur von der Straße aus nicht sehen, da es ganz nah am Ufer fährt. Erst als sich die Straße das nächste Mal ans Ufer senkt, kommt es auf einmal in den sichtbaren Bereich…


    Im Gegensatz zum Südufer des Varangerfjords, wo die Felsen (und damit einhergehend der Fischfang) dominieren, gibt es am Nordufer viel Grün mit vielen Schafen und etwas Landwirtschaft


    Am Stadtrand von Vadsø angekommen werde ich auf einen Radweg geleitet, dem ich bis ins Zentrum folge. Kurz bevor ich links abbiegen will, um zur Kirche zu fahren, werde ich nach rechts von der E 75 auf eine Nebenstraße abgeleitet X( . Wie es der Zufall so will, steht auf der Hauswand des ersten Hauses etwas von Fahrrad :huh: – und es handelt sich tatsächlich um einen kleinen Fahrradhändler. :rolleyes:
    Das Provisorium am Gepäckträger hält zwar immer noch, aber fragen kostet ja nichts – vielleicht gibt es ja hier eine passende Schraube.
    Ich stelle mein Fahrrad vor dem Schaufenster ab, gehe rein und schildere mein Problem. Er schaut sich die Seite an, in der noch die Schraube sitzt und meint, dass er etwas Passendes hat. Ich baue schon einmal das Provisorium auseinander und sehe dabei, dass der Nagel jetzt nicht mehr gerade ist sondern vielmehr einen Winkel von ca. 45° aufweist – aber Hauptsache er hat gehalten.
    In der Zwischenzeit kommt der Fahrradhändler mit einer Schraube, die er einsetzt – und die direkt wieder herausfällt :dos: – eine Nummer zu klein.
    Beim nächsten Versuch passt das Gewinde, aber die Schraube ist viel zu lang :schiefguck: . Er verschwindet wieder im Laden und es tut sich – nichts. Ich stehe am Fahrrad und überlege schon, wo ich die anderen Nägel verstaut habe, als er wieder raus kommt. Er dreht die – jetzt passende – Schraube mit der Hand rein und fragt mich, ob ich Werkzeug dabei habe um die Schraube festzuziehen. Ich bejahe und fange an, meine Satteltasche zu öffnen. Bevor ich den zweiten Verschluss offenhabe, steht er aber schon wieder draußen und zieht die Schraube selber fest. ^^
    Dann wünscht er mir noch „gute Fahrt“ :godtur: und verschwindet wieder im Laden, wo er sich um den nächsten Kunden kümmert. Das nenne ich mal einen Service! :thumbup:
    Jetzt brauche ich mir keine Gedanken mehr ums Rad zu machen und kann mich beruhigt im Zentrum umschauen. Dort gibt es außer dem Immigrationsdenkmal für die finnischen Einwanderer und der Kirche aber nicht viel zu sehen (es gibt noch ein interessantes Museum, aber ich will bei dem Wetter nicht rein). Immerhin gibt es auch noch einen Supermarkt, in dem ich mich für die nächsten 2 Tage bevorraten kann. :essen: :beer:


    Da langsam die Sonne raus kommt, fahre ich noch nach Vadsøya, die der Stadt vorgelagerte Insel, um den Luftschiffmast zu besichtigen, von dem aus u.a. Amundsen den Nordpol mit dem Zeppelin überflogen hat. Am Ende der Brücke sehe ich eine „Werft“ und dahinter den Mast. Ein Stück weiter steht das einzige :!: Hinweisschild zum Hurtigrutenkai, das ich auf meiner gesamten Tour sehe…


    Ein paar Minuten später stehe ich am Luftschiffmast. Es ist schon beeindruckend, wie hoch er sich in den Himmel erstreckt. Aber noch einmal würde ich dort nicht unbedingt hinwollen.
    Die Gedenktafel hängt hier für den Rettungsflug, den Umberto Nobile unternahm, um Amundsen zu suchen, der auf dem Weg zum Nordpol verschollen war.


    Direkt beim Flughafen liegt Kiby, eines der typischen Küstendörfer.


    Kaum aus dem Ort raus, gibt es erst einmal eine Zwangspause – die Straße wird repariert. In der Regel heißt das in Skandinavien außerhalb der Städte, dass die Straße auf einer Länge von einigen Kilometern aufgerissen, geschottert und dann stückweise wieder asphaltiert wird (die längste Baustelle, die ich dort jemals erlebt habe war fast 30 km lang). :wacko1:
    Von der Stelle, wo ich stehenbleiben muss, kann ich noch nichts von der Baustelle erkennen, da sie hinter einer Kurve und einem kleinen Hügel beginnt und ich hinter einem Auto stehe.
    Nach einigen Minuten setzt sich die Kolonne in Bewegung. Bevor ich an der Baustelle ankomme, haben mich alle Autos, die hinter mir gewartet haben, überholt. So kann wenigstens keiner mehr drängeln. Als ich das Schild am Beginn der eigentlichen Baustelle sehe, wird mir allerdings leicht anders: Kolonnekjøring. =O Das heißt, es gibt ein Fahrzeug, das permanent hin und her über die Baustelle fährt und dem alle anderen Fahrzeuge folgen müssen :S – soweit die Theorie.
    Da neben dem Schild auch eine Frau mit Warnweste und Funksprechgerät steht, suche ich Blickkontakt mit ihr, bevor ich das Abenteuer angehe. Sie signalisiert mir, dass ich fahren soll, also beginne ich mit der Slalomfahrt vorbei an Schlaglöchern und Steinen unterschiedlichster Größe. Zwischendurch geht es einen Hügel runter und wieder rauf, während (teilweise an beiden Seiten) die Bauarbeiten vonstattengehen. Oben auf dem Hügel sehe ich weder das Ende der Wagenkolonne noch das der Baustelle :search_1: , also kann ich nur hoffen, dass mir nicht auf einmal die nächste Kolonne entgegenkommt. Zum Glück ist die Strecke nicht so schlimm, dass ich absteigen muss, so geht es langsam, aber sicher voran. Nach der nächsten Kurve sehe ich dann das Führungsfahrzeug warten ;) – anscheinend wurde wirklich durchgesagt, dass da noch ein Nachzügler kommt… :sdanke:
    Nach 3,2 km (und im Nachhinein nach Tempo geschätzten 20 Minuten) Baustellendurchfahrt hatte ich es endlich hinter mir!
    Da habe ich es doch tatsächlich mal geschafft, eine Europastraße für 10 Minuten lahmzulegen, ich glaube das kann nicht jeder von sich behaupten… :dance3:


    Bald darauf erreiche ich Store Ekkerøy, eine Halbinsel mit einer großen (jetzt aber wohl verwaisten) Vogelkolonie. Die dunkle Wolke am Horizont kann ich nicht so ganz einordnen :hmm: . Einerseits sieht sie nach Regen aus, aber andererseits habe ich am Vormittag ähnliche Wolken gesehen, die sich dann als Hochnebel entpuppt haben. Außerdem hat der Wetterbericht 0 mm Niederschlag vorhergesagt.


    Keine 10 Minuten später fängt es leicht an zu tröpfeln ;( und ich fange an, mich nach einem Platz für mein Zelt umzuschauen. Leider wird die Landschaft jetzt wieder hügelig, so dass es entweder keine flache Stelle für mein Zelt oder (noch häufiger) keinen Bach gibt, da ich fürs Kochen zwingend auf Wasser angewiesen bin. Und da ich die Wasserqualität des Varangerfjords nicht kenne, will ich den lieber nicht anzapfen… 8|
    Nach weiteren 10 Minuten wird aus dem tröpfeln ein richtiger Schauer :sshithappens: , und weitere 15 Minuten später habe ich dann endlich eine geeignete Stelle gefunden. 5 Minuten später steht das Zelt und ich sitze samt Gepäck im Zelt zum Abtrocknen.
    Nach einer weiteren Viertelstunde habe ich alles ausgepackt und ich mache es mir erst einmal gemütlich. Dann warte ich darauf, dass sich der Schauer, den es ja gar nicht geben darf, wieder in Luft auflöst…
    Nach insgesamt 2 Stunden ist der Spuk dann wirklich vorbei, und ich kann mein Abendessen im Trockenen zubereiten.
    Später gibt es sogar noch einen Hauch von Sonne.


    So geht ein aufregender Tag doch noch versöhnlich zu Ende :)



    Fortsetzung folgt…

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  • Die Gedenktafel hängt hier für den Rettungsflug, den Umberto Nobile unternahm, um Amundsen zu suchen, der auf dem Weg zum Nordpol verschollen war.


    Sorry, das stimmt nicht so ganz - Amundsen war auf einem Such- und Rettungsflug nach Nobiles verschollener ITALIA-Expedition abgestürzt. :pardon:

  • Huhu Noschwefi,
    schon wieder so schöne Aufnahmen von einer Gegend, wo ja wirklich kaum einer hinkommt, denke ich!
    Als wir 2012 bis zum Nordkap hochgefahren sind, haben wir sowohl Kirkenes als auch die gesamte Varanger-Halbinsel rechts liegen gelassen :whistle3: und wer weiß, ob wir diese Tour jemals noch mal in unserem Leben machen werden :hmm:


    Ja, diese norwegischen Baustellen :sdagegen: Die sind echt schrecklich. Wir sind auch viele, viele Kilometer über diese dicken Schottersteine gefahren und immer hatte ich Angst :fie: , dass im Wohnwagen währenddessen irgendetwas kaputt geht, weil es aus den Schränken geflogen ist.
    Aber mit Fahrrad stelle ich mir das noch schrecklicher vor :negative:


    Ich freu mich auf die Fortsetzung!

    Liebe Grüße
    little.point Claudia


    :ilhr:


    Meine Reiseberichte: siehe Profil

  • Hallo Claudia,


    zum Glück gab es in dieser Baustelle nicht die dicken Schottersteine, so dass ich "nur" Slalom und langsam fahren musste, da fand ich das Kolonnekjøring deutlich unangenehmer. Ab auch dadurch habe ich mir keinen Streß machen lassen :)


    Und - ich mach Dich jetzt einfach mal neugierig - die beeindruckendste Gegend der Halbinsel kommt ja erst noch :D
    Vielleicht willst Du nach meinen nächsten 2 Tagen doch noch dahin :whistle3:


    Viele Grüße
    Noschwefi

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  • 26. August – Tag 6 (Teil 1)


    Eine Bushaltestelle mit Aussichtsplattform und die erste Schafs-Verfolgung


    Gegen 5 Uhr werde ich davon wach, dass es mir im Schlafsack zu warm wird, außerdem ist es verdächtig hell :gutenmorgen: . Sollte ich etwa mit dem Schauer vom Vortag mein Standardwetter los geworden sein? :/
    Ich krabble aus dem Zelt – und strahlender Sonnenschein empfängt mich :cool: . Keine Wolke am Himmel, nur ein wenig Dunst, kein Wind und absolute Stille – der perfekte Start in den Tag :) . Ich lasse meinen Blick übers Meer schweifen und sehe einen dunklen Strich. Ich hole meine Kamera (als Fernglasersatz) und sehe einen bekannten Schriftzug – die MS Vesterålen auf dem Weg nach Vadsø. :godtur:


    Es ist richtig gespenstisch, wie das Schiff in einigen Kilometern Entfernung vorbei zieht, ohne dass man einen Laut davon hört…
    Als ich weiter mit der Kamera am Horizont entlang wandere, sehe ich über den Ort Krampenes hinweg das andere Ufer. Da ich mich ungefähr am Ausgang des Varangerfjords befinde, muss ich also eine Sichtweite von über 50 km haben =O ! Gegen halb sechs verabschiedet sich die MS Vestarålen dann aus meinem Sichtfeld.


    Um 7.20 Uhr fahre ich dann weiter. Bald darauf schwenkt die Straße um eine Kurve herum nach Norden und schlagartig ist das Gras verschwunden – ich stehe vor einer Mondlandschaft. :gr-smile:


    Wieder ein paar hundert Meter weiter – die Straße führt jetzt wieder in Ost-West-Richtung – schiebt sich wieder Grün zwischen die Felsen.


    Fast hinter jeder Kurve wechselt die Landschaft ihr Gesicht, manchmal fließend, manchmal ganz abrupt. Sogar Dünen gibt es – und immer wieder mal ein Haus.


    Hinter Komagvær beruhigt sich die Landschaft wieder. Jetzt erst wird die Weite der Landschaft offensichtlich.


    Die Rentiere sind zwischenzeitlich von Schafen abgelöst worden. Hinter Vadsø gibt es eine Viehsperre in der Straße; auf dem gesamten Gebiet östlich davon laufen die Schafe frei rum. Nur die Stellen, wo die Schafe nicht hinsollen, werden eingezäunt… :D
    Um einen Eindruck von der Größe dieser Weide zu bekommen: Die Entfernung auf der Küstenstraße von der Sperre bis zum Ende beträgt 110 km! :8):


    Rechtzeitig zur Mittagspause erreiche ich Kiberg, einen kleinen Ort, der etwas versteckt unterhalb der E 75 liegt. Ich vermute, dass deshalb neben der Bushaltestelle eine Aussichtsplattform steht. So können die Passagiere den Bus schon deutlich früher kommen sehen … :whistling:


    Und falls jemand auf die Idee kommen sollte, dass die Bushaltestelle nur rein zufällig neben dem Leuchtfeuer stehen sollte: Diese Erklärung ist mir zu einfach!


    Nebenbei hat Kiberg noch 2 Besonderheiten: Es ist der östlichste Ort auf dem norwegischen Festland (Vardø liegt ja auf einer Insel) und es ist der Ort, in dem es im Verhältnis zur Bevölkerungszahl die meisten Partisanen im zweiten Weltkrieg gab. Aus diesem Grund gibt es hier auch ein Partisanenmuseum mit Gedenktafeln für die Gefallenen bzw. Getöteten.


    Vor Vardø verlasse ich die E 75, um weiter nach Norden zu fahren. Statt Hinweisschildern und Entfernungsangaben sehe ich nur die Stangen, an denen die alten Schilder befestigt waren ?( . Anscheinend muss man sich im fernen Süden bei statens vegvesen noch darauf einigen, wie die Straße denn jetzt heißt. Früher war es die Straße 341, die vom Flughafen Vardø nach Hamningberg führte, aber im Rahmen der Einführung der Touristenstraße wurden wohl sämtliche Verweise auf diese Straße eliminiert. Na ja, da die Straße bis zu ihrem Ende keinen Abzweig mehr hat, werde ich mich wohl trotzdem nicht verfahren 8| . Ich muss ja nur darauf achten, dass das Meer immer rechts von mir sein muss… :huh:
    Die ersten 3 km nach dem Abzweig verlaufen absolut (und nicht skandinavisch) eben – ein ganz neues Fahrgefühl. Bevor es dann aufs Fjell geht, habe ich noch einen schönen Blick nach Vardø, gut erkennbar an der Radarkuppel (das hat man davon, wenn man die östlichste Stadt Norwegens und die nordöstlichste Stadt der NATO ist).



    Um die Spannung zu erhöhen, mache ich jetzt erst mal eine Pause… :whistle3:


    Fortsetzung folgt…

    Chor: Wir sind alle Individualisten :o-smile
    Einzelstimme: Ich nicht :o-tongue


    Reiseberichte siehe Profil :lofoten2:



    2 Mal editiert, zuletzt von Noschwefi ()

  • Hallo Noschwefi,


    vielen Dank für Deinen Reisebericht und die wunderschönen Bild-Impressionen.


    Da werden bei mir Erinnerungen geweckt von meinem Flug Ende Juni '12 mit Wideroe von Kirkenes via Vardö nach Vadsö und weiter nach Tromsoe. Die Küstenstrasse E 75 Deiner Tour konnte ich damals sehr gut von "oben" hier wieder erkennen, sogar die Bushaltestelle zu Bild 61. Der Flug von Vardö nach Vadsö ging bei gutem Wetter immer entlang der Küstenstrasse E75. (Leider kann ich meine Bilder hierzu im Moment nicht hochladen, da ich nicht mehr weis wie diese hier einzustellen sind! ?( )


    Habe aber mir zu Deinen Bildern im Reisebericht sofort meine Bilder von damals von "oben" dazu angeschaut. Einfach Wahnsinn die Natur, Küste und vieles mehr da oben im hohen Norden Europas.


    VG pemo :)

  • Hallo Noschwefi,


    vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht und die vielen Tollen Fotos. Da bekomme ich Lust sofort wieder loszufahren. Interessant finde ich mal die gleiche Strecke, welche ich vor 2 Jahren bei meiner Radreise gewählt habe, aus anderem Blickwinkel zu sehen. Du hast auf alle Fälle einiges wesentlich ausführlicher bereist als ich. Durch das viele schlechte Wetter war ich damals ein wenig in Zeitdruck. Deshalb war ich nicht in Kirkenes, Jakobselv, habe die Kirche von Neseby nur aus der Ferne gesehen und in Kiberg und Hamningberg war ich auch nicht. Deshalb muss ich da wohl nochmals hin, schließlich braucht man auch bei Radreisen einen Grund zur Wiederholung :P .
    Verwundert bin ich über dein relativ hohes Gepäckgewicht von über 50Kg. Was hast du da um Himmelswillen für Expeditionsausrüstungsgegenstände dabei? ;) ^^ :D Ich selbst komme da auf knapp 30Kg mit Vorräten, Zelt, Kocher, Schlafsack, Isomatte usw.
    Erstaunt bin ich darüber, dass du das Riesengewicht ausschließlich am Hinterrad befestigst. Da sind doch die Fahreigenschaften des Rades mehr als bescheiden. Außerdem macht das doch kein Hinterrad zumal in 622 bzw28" mit relativ schmaler Felge dauerhaft mit. Ich war 2012 mit meinem 559er Rad mit stabiler Downhillbereifung unterwegs, damit ich da oben in der Einsamkeit keine Schwierigkeiten bekomme. Außerdem baue ich alle meine Laufräder seit vielen Jahren selbst. Ein Rad von der Stange hat meistens nicht so hochwertige Speichen und ist auch nicht so sauber eingespeicht. Es kommt bei Kettenschaltungsrädern auf eine gleichmäßige und ausreichend hohe Speichenspannung auf der Ritzelseite an, weil da die Speichen steiler stehen und auch höher gespannt sind und somit die Belastungen ungleich höher sind, als auf der Freilaufseite.
    Bevor ich zu so einer Reise starte, mache ich grundsätzlich eine umfassende Inspektion am Rad. Da verbaue ich ne neue Kette, neues Ritzelpaket, neue Bremsbeläge und neue Schaltzüge sowie eine neue Bereifung. Da mir da mit der Gepäckträgerschraube auch schon passiert ist, habe ich alle gängigen Schrauben am Rad als Ersatz beim Werkzeug dabei.
    Seit ich am Rad alles selber mache hatte ich seit vielen tausend Kilometern keine Pannen am Rad, wenn man mal von einem Hollowtech 2 Tretlager, einem Scheinwerfer und ner Reifenpanne mal absieht
    Mit 4 Taschen fährt sich das meiner langjärigen Radreiseerfahrung wesentlich besser. Meine Räder liegen auch vollbeladen in der Abfahrt bei 80km/h ruhig wie ein Brett.
    Bin auf die Fortsetzung und Hamningberg gespannt. Da muss ich auch irgendwann nochmal hin.

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