Mit der Fram in Spitzbergen vom 25. Juli bis zum 2. August 2012

  • Ich bin jetzt ganz ehrlich: Für die Chance, einen Eisbären sehen zu können, würde ich gerne auf eine Anlandung und eine Wanderung verzichten! Es muss doch beeindruckend sein, einen Eisbären in der freien Natur und nicht nur im Tiergarten zu erleben!

  • Ja, in der Tat, auf jedem Fall hat ein Eisbär Vorrang gegenüber irgendwelchen Wandergruppen. Niemand hat sich in irgendwelcher Form "beschwert" und - das ist vielleicht noch bemerkenswerter - niemand hat gefragt, ob man nicht doch etwas näher Richtung Eisbär gehen könne zwecks Fotos machen oder so. In der Magdalenenbucht befand sich gleichzeitig noch ein Segelboot, deren Passagiere sich gerade auf einer Wanderung befunden hatten. Wir kamen mit der Fram just bei ihrer Rückkehr an und sie sind dem Bären quasi begegnet, haben dann aber einen großen Bogen gemacht und sind daher mit weitem Abstand ausgewichen. Der erwähnte Polizist und der Biologe sind schön in ihrer Hütte geblieben, denn in nur recht geringem Abstand ist der Bär daran vorbei gelaufen.


    Aber nun zum Fazit


    Zu Spitzbergen / Longyearbyen: Einige allgemeine Angaben zu Spitzbergen und Longyearbyen stehen bereits im aktuellen Bericht von murkel (wie Farbgebung der Häuser) und sollen hier nicht wiederholt werden, weiteres deckt sich natürlich mit anderen Berichten im Forum bzw. dem Wiki. Trotzdem hier einige Informationen aus der Stadtrundfahrt am 27.7.2012:




    - in Longyearbyen muß jeder durch eigenes Einkommen leben können, Arbeitslose oder Sozialhilfeempfänger gibt es nicht, dürften erst gar nicht einreisen oder würden sofort ausgewiesen
    - Kriminalität ist praktisch nicht vorhanden, denn wohin will jemand etwa mit einem gestohlenen Fahrrad, Auto oder Schneemobil? Und vor allem: man kennt sich in so einer kleinen Siedlung!
    - Norwegen darf in Spitzbergen weder Einkommenssteuer noch Lohnsteuer noch Gewerbesteuer erheben (Regelung aus dem Spitzbergenvertrag von 1920)
    - in ganz Svalbard gibt es ca. 40 Kilometer befestigte Straßen, aber bei 2000 Einwohnern allein in Longyearbyen ca. 1000 zugelassene Autos und ca. 2000 Schneemobile
    - es gibt zwar relativ viele Kinder, aber Geburten sind nicht vorgesehen, d.h., im kleinen Krankenhaus gibt es keinen Kreißsaal
    - Beerdigungen / Bestattungen dürfen heute auf Spitzbergen nicht (mehr) vorgenommen werden, weil Särge oder auch Knochen durch Bewegungen des Dauerfrostbodens doch irgendwann an die Oberfläche befördert würden und keine Verwesung stattfindet. Tote werden also auf dem Festland bestattet, aber es ist möglich, einen Grabstein oder Kreuz auf dem lokalen aus früheren Zeiten stammenden Friedhof am Stadtrand von Longyearbyen aufzustellen
    - die durchschnittliche Aufenthaltsdauer auf Svalbard beträgt vier Jahre, regelrechtes Eigentum darf auf Dauer nicht erworben werden, verläßt man die Inselgruppe, müssen eventuell gekaufte Wohnungen oder ähnliches wieder verkauft werden
    - mit Wärme versorgt werden die Häuser in Longyearbyen in erster Linie mit der Abwärme des Kohlekraftwerkes, das dazu notwendige Fernwärmenetz ist sehr aufwendig isoliert überwiegend im Boden verlegt, teils auch noch überirdisch, alle Gebäude sind wegen des Dauerfrostbodens auf Stelzen errichtet. Es gibt eine Kanalisation, aber die Abwässer werden nicht regelrecht geklärt, sondern nur grob vorgefiltert in den Isfjord gepumpt. Der anfallende Müll wird vorsortiert und teils im Kraftwerk verbrannt (z.B. Holzpaletten und Papier), aber überwiegend nach Norwegen exportiert. Das Kraftwerk hat keine moderne Filteranlage und das sieht man auch an der Rauchfahne.


    Zur Fram (persönlicher Geschmack): ein schönes Schiff mit überwiegend in hellen Farben gehaltener Ausstattung, äußerlich wirkt sie etwas gedrungen und dadurch passen die Proportionen nicht so ganz. Innen wird auf die Forschungsreisen der historischen Fram in Arktis und Antarktis mit Ausstellungsstücken zu den wichtigsten Forschungsreisen von Nansen, Sverdrup und Amundsen erinnert, viele Bezeichnungen für allgemein zugängliche Räume sind aus der Inuit-Sprache entnommen.



    Unsere N2-Kabine war von der Größe her ausreichend, zwar etwas kleiner als die entsprechende Kategorie etwa auf der Nordkapp oder der Nordnorge, aber trotz kleinerer Schränke gibt es dennoch genügend Stauraum. Außerdem haben wir uns ohnehin sehr viel draußen aufgehalten und da ist eine „kleine“ Kabine nicht von Bedeutung. Es gibt einen Fernseher, auf dem irgendwelche Sendungen zu sehen waren, welche genau, weiß ich nicht, haben nicht interessiert. Auf weiteren Kanälen wurde das aktuelle Tagesprogramm, aktuelle Position, Informationen zum Schiff sowie die Komplettversion der letztjährigen Fernsehübertragung „Nordnorge -Minutt for Minutt“ gezeigt. Unter dem Fernseher befindet sich ein Staufach, in dem unsere Koffer und auch unsere Schwimmwesten genügend Platz hatten, in einem Kleiderschrank gibt es einen Safe mit Zahlenschloß, weiterhin sind vorhanden ein Schreibpult mit Stuhl, einige Fächer für Kleinkram, zwei Steckdosen sowie ein kleiner Kühlschrank. Für die Kabine gibt es einen Hauptschalter für elektrischen Strom, bedienbar z.B. mit der Schlüsselkarte, wir haben sogar eine passende stabile Pappkarte in der Kabine vorgefunden und die verwendet. Als uns von den normalen Hurtigschiffen unbekannte Besonderheit wurde ein Wäscheservice (reinigen, bügeln) angeboten. Die Naßzelle ist von der Größe her gerade passend und besitzt einen Fön.


    Auf Deck 2 befinden sich neben den Kabinen für die Besatzung auf dem Fracht- bzw. Autodeck Container bzw. Paletten mit unterschiedlichem Inhalt, die Polarcircleboote, der Raum mit den Gestellen für die Stiefel sowie die Einrichtungen für die Ausbootungen. Die Fram wird natürlich momentan nur für Expeditionskreuzfahrten verwendet, könnte aber auch für den ganz normalen Dienst an der norwegischen Küste verwendet werden, denn das seitliche Ladetor mit Rampen für Fracht und Autos erlaubt das, ohne daß größere Umbauten erfolgen müßten.


    Deck 3 beherbergt außer Passagierkabinen die „normale“ Passagierrampe sowie eine kleine nur in Longyearbyen beim Anbordgehen besetzte Rezeption.


    Auf Deck 4 befinden sich die richtige Rezeption, zwei Vortragsräume, in denen die diversen Informationsveranstaltungen stattfanden sowie an jedem Tag Filme gezeigt wurden, eine kleine Cafeteria (kostenlos Kaffee, Tee, Kakao, Gebäck für den kleinen Hunger zwischendurch), der Bordshop sowie das Restaurant.


    Auf Deck 5 fällt die Begehbarkeit bis ganz vorn zur Bugspitze (einer unserer Lieblingsplätze) auf, vergleichbar mit der Finnmarken, der Belag ist ebenfalls grau. Leider ist es nicht möglich, auf diesem Deck wie auf den anderen Schiffen ganz herumzugehen, denn das hintere Drittel des Schiffes ist komplett mit Kabinen belegt.


    Deck 6 bietet außen eigentlich nur die Zugänge zu den Rettungsbooten an sowie die Verbindung zwischen Deck 5 und Deck 7.


    Auf Deck 7 gibt es außen am Heck einen größeren freien Bereich mit Tischen und Stühlen, ungefähr in der Mitte zwei Whirlpools sowie innen ein Fitnessraum mit diversen Sportgeräten, vorn ist die Aussichtslounge mit einer Bar.


    Ganz oben ist noch das recht kleine, allgemein zugängliche Deck 8 mit schulterhohem Windschutz sowie eine Sauna.



    Der Großteil der Besatzung besteht aus Filipinos, nur die Offiziere sind Norweger, das Expeditionsteam kam aus Deutschland, Polen, Chile und Norwegen. Ausnahmslos alle Besatzungsmitglieder waren sehr nett und hilfsbereit, viele sprachen deutsch, alle englisch.


    Im Vergleich zu den anderen Hurtigschiffen sind der Hauptantrieb wie auch die Seitenstrahlruder der Fram kaum zu hören bzw. zu bemerken, auch nicht bei Wende- oder Anlegemanövern. Auf Deck 7 und 8 hörte man die Ventilatoren des Maschinenraumes und der Klimaanlage, auf Deck 5 war es sehr leise.


    Jede Kabine bekam zum Abschluß eine CD mit vielen Informationen zur Reise, zusätzlich haben wir eine DVD mit vielen Fotos von der Schiffsfotografin erworben.


    Von dieser CD etwas Statistik:


    An Bord waren 215 Passagiere aus 17 Nationen, davon 90 aus Deutschland, 21 aus der Schweiz, 16 aus Norwegen, je 15 aus England und Frankreich, 13 aus den Niederlanden und 11 aus China, Besatzungsmitglieder 70 einschließlich der neun Mitglieder des Expeditionsteams.
    Zurückgelegte Fahrstrecke: 863 nautische Meilen


    Schiffsführung (Auswahl):


    Kapitän: Rune Andreassen Erster Offizier: Anders Lyngvær Hotel Manager: Kjell Karlsen Restaurant-Chef: Elmer Florendo Küchenchef: Eirik Larsen Expeditions-Leiterin: Anja Erdmann Stellvertretende Expeditionsleiterin: Ina Schau Larsen



    Das Wetter war etwas durchwachsen. Praktisch während der ganzen Reise war es sehr windstill, aber insbesondere in der ersten Tageshälfte oft bewölkt, etwas Nieselregen gab es in Barentsburg, der den an sich schon trostlosen Anblick des Ortes verstärkte. Auffällig waren mehrfach Wolkenschichten in etwa 200 Metern Höhe, über die die Berge hinausragten. Generell hatten wir Temperaturen um +3°c, der höchste Wert betrug +6°C, bei wolkenlosem Himmel in der Sonne etwas mehr.


    Im Vergleich zu den normalen Hurtigrutenreisen gibt es den Hauptunterschied, daß die Fram nicht nach einem festen Fahrplan an der Küste entlang fährt und weder Fracht noch Fahrgäste transportiert, die einfach nur von A nach B wollen. Sehr ähnlich ist die Fram mit den neueren Hurtigschiffen im Aufbau der einzelnen Decks, der (eventuellen) Nutzbarkeit als kombiniertes Fracht-/ Passagierschiff und der äußeren Farbgestaltung. Mahlzeiten sind ebenfalls sehr ähnlich, allerdings gab es keine festen Plätze im Restaurant. Kaffee und Tee wurde zu allen Mahlzeiten am Tisch serviert. Die Durchsagen über Lautsprecher erfolgten immer in der Reihenfolge Deutsch, Englisch und „Skandinavisch“ = Norwegisch. Wie auf der normalen Hurtigrute hielten sich viele Passagiere im Schiffsinnern auf (wenn man von den Anlandungen absieht) und nur eine Minderheit war viel draußen.


    Zum Expeditionscharakter der Reise: die Fram fuhr im Gegensatz zur normalen Hurtigrute mit ca. sieben Knoten sehr langsam, so daß man sich alles gemütlich ansehen konnte. Während der Fahrt gab es häufig Informationen über Lautsprecher beispielsweise zu den Gletschern, den Bergbauunternehmungen historisch und aktuell oder auch warum in Spitzbergen die Berge so spitz sind. Sollte man trotzdem noch Fragen haben, waren die Guides immer ansprechbar, sowohl auf dem Schiff als auch bei den Landgängen.


    Dacius (Alta-Connection)

  • Hei Dacius,


    das ist ja Information geballt! Vielen Dank dafür! Und ebenso herzlichen Dank für Deinen kurzweiligen und interessanten Bericht und die vielen tollen Bilder. :sdanke:
    Wir werden die FRAM erst im Frühjahr 2013 kennen lernen und freue uns schon sehr auf die Reise, die allerdings unter südlicher Sonne stattfinden wird. :yeah:

  • Danke, Dacius, :thank_you: für Deinen Bericht, die tollen Fotos und natürlich auch für die Infos. :thumbup: Spitzbergen scheint ja doch viel interessanter zu sein als ich bisher dachte. Außerdem ist die Chance, Eisbären zu sehen, ja wohl nicht ganz so gering. Und dafür nimmt man sicher schon mal gerne einige Planänderungen in Kauf. Das wäre bei mir jedenfalls so.


    Jetzt freue ich mich schon mal auf den nächsten Bericht von der Fram; nicht wahr liebe Gerda :whistle3: .

  • Ja, der Bericht kommt, aber Ihr müsst ein wenig Geduld haben. So schnell wie bei Dacius wird´s nicht gehen, denn wir sind fast drei Wochen unterwegs und haben dann natürlich auch viel mehr Fotos zu sortieren, außerdem bin ich nach der Reise auch noch dienstlich viel unterwegs. Aber ich werde Euch immer wieder mal was gegen Euren Hunger hier einstellen!

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!