Die norwegischen Wikingerschiffe

  • Bilder 1-4 zeigen das Osebergschiff, [...] in dem eine vornehme Frau, möglicherweise eine Königin, bestattet worden ist.


    Die hatte auch eine ganze Menge Grabbeigaben - u.a. einen Beutel mit Haschisch! Dazu gibt es auch schlüssige Theorien, deren naheliegendste der Umstand ist, dass die ältere der beiden im Osebergschiff bestatteten Frauen an einer schmerzhaften Krebserkrankung gestorben ist, sodass die in einem Lederbeutel verwahrten Hanfsamen sehr wahrscheinlich ein Schmerzmittel gewesen sind. Die Wikinger, so Næss, hätten ein enormes Wissen über die Wirkungen verschiedenster Kräuter gehabt und diese gezielt als Heil- aber ebenso als Rauschmittel einzusetzen gewusst.


    Jedoch, so Ellen Marie Næss vom Kulturhistorischen Museum in Oslo, könnte dem Rauschmittel auch eine kultische Bedeutung zukommen, eventuell eine Gabe für die Götter, mit denen sie im Jenseits in Kontakt treten würde.


    Eine weitere Erklärung für die Hanfsamen liefert übrigens auch das Schiff selbst: Die Hanffaser war ein wichtiges Material (nicht nur) im Schiffbau, denn schließlich sind sie ein wichtiger Rohstoff für die Tauwerks- und Tuchherstellung.


    Auch wenn die Grabfunde von Oseberg seit ihrer Ausgrabung 1904-05 immer wieder untersucht werden, ist die Identität der Begrabenen bis heute von Rätseln umwoben. Nahm man zunächst an, die ältere Tote, die ein Alter von damals äußerst seltenen 80 Jahren erreicht hatte, stamme aus einem Häuptlings- oder gar Königsgeschlecht, scheint sich heute die Theorie durchgesetzt zu haben, dass sie eine bedeutende Priesterin gewesen sein muss, für die auch eine derart prachtvolle Opfergabe wie das herrliche Osebergschiff selbst nicht zu übertrieben war. Über die Identität der zweiten Frau gibt es keine schlüssige Theorie, auch nicht dazu, ob sie eventuell ein mitbestattetes Menschenopfer darstellen könnte. Es gäbe dafür keine stichhaltigen Beweise am Skelett, so Ellen Marie Næss, aber das heiße ja nicht, dass man diese Theorie gänzlich ausschließen könne.


    Überhaupt ist der Osebergfund aufgrund der konservierenden Beschaffenheit des dichten Torbodens in Osberg bis heute eine wahre Schatzkiste. Selbst organische Substanzen waren bei der Ausgrabung noch hervorragend bewahrt - so konnten die Ausgräber noch die rote Farbe der Früchte in einem Korb Äpfel erkennen sowie einen Topf mit Blaubeeren sowie Kresse per Inaugscheinnahme als solchen Inhalts identifizieren. Auch ein backfertiger Brotteig wurde unter den Grabbeigaben gefunden und konnte mit den analytischen Mitteln von vor 110 Jahren eingeordnet werden. Das seien Fundverhältnisse gewesen, wie es sie eigentlich gar nicht geben könne, so Kulturhistorikerin Næss zur Presse.


    Doch auch für heutige Augen Befremdliches wurde gefunden: mit Hakenkreuzen geschmückte Gegenstände, die meisten von ihnen in einem Behältnis mit Beutestücken aus Irland. Doch die Wikinger deshalb in eine Traditionslinie mit den Nazis stellen zu wollen, gelingt nicht. Das Hakenkreuz war bereits vor der Wikingerzeit ein kultisches Symbol gewesen, dessen sich die braune Bande Jahrhunderte später bemächtigte und es so gründlich diskreditierte, dass seine Verwendung auch in viel früheren Zusammenhängen bis heute und auch für die Zukunft erläuterungsbedürftig ist und bleiben wird.


    Anne Marie Næss ist sich sicher: In Norwegen gibt es auch heute noch viele wikingerzeitliche Schiffsgräber, bekannte wie unbekannte, aber dass eines von ihnen den Osebergfund übertreffen könnte, hält sie für sehr unwahrscheinlich. Auch zweifelt sie an der Sinnhaftigkeit, diese heute schon auszugraben. Damit folgt sie einer relativ neuen archäologischen Denkweise, nämlich zu Berücksichtigen, dass die Grabungs- und Analysetechniken sich stetig weiterentwickeln.


    Und man stelle sich einmal vor, man hätte den Osebergfund mit den heutigen technischen Möglichkeiten ausgraben und erstuntersuchen können...

  • Vor einer Woche habe ich ihnen noch wie immer in Oslo die ihnen zustehende Reverenz erwiesen, den Wikingerschiffen und den Grabfunden auf Bygdøy, heute haben Regierung und Statsbygg international zur Einreichung von Entwürfen für den schon lange geplanten, das bisherige, selbst denkmalgeschützte Museum voll integrierenden Erweiterungsbau für Vikingskipshuset eingeladen. Durch das dann auf 13.000 qm erweiterte Museum soll die weltweit führende Stelle zur Wikingerforschung und zur Vermittlung des Wissens über die Wikinger entstehen. Damit wird sich die Fläche der bestehenden, 1913 von Arnstein Arneberg enstandenen entworfenen, 1929 fertiggestellten Anlage verdreifachen. Als Frist für den Eingang der Entwürfe wurde der 2. Dezember 2015 gesetzt.

  • Insgesamt sind bei Statsbygg 107 Wettbewerbsbeiträge für die Erweiterung von Vikingskipshuset auf Bygdøy eingegangen - obschon die Behörde recht genaue Wettbewerbsvorgaben formuliert hatte. Statsbygg-Pressesperecherin Hege Njaa Aschim zeigte sich entsprechend erfreut und angesichts der weltweiten Bedeutung des Museums auch wenig überrascht über die große Resonanz. Für die Mehrzahl der Einreicher wird die Teilnahme aber dennoch eine brotlose Arbeit werden, denn im März will die Jury die drei ihrer Meinung nach besten Beiträge benennen. Bei der Auswahl soll besonderes Gewicht auf die Kriterien Durchführbarkeit, architektonische Qualität, Rücksicht auf die Kulturgüter, übergeordnetes Ausstellungskonzept und Umweltfreundlichkeit gelegt werden.


    Einblicke in alle 107 Entwürfe gibt es hier.

  • So langsam gehen die Neubaupläne für Vikingskipshuset voran - wenn es keinen elbphilharmonischen Verlauf nimmt, steht ja schon in fünf Jahren die Neueröffnung an. Dazu müssen die Wikingerschiffe bewegt werden, und im Vorfeld davon muss ihr genaues Gewicht bekannt sein, um Schäden an den fragilen, geradezu mürbe gewordenen Wasserfahrzeugen ausschließen zu können. Und jetzt ist erst einmal Osebergskipet an der Reihe.


    Passend dazu hat Vikingskipshuset ein Schätzspiel online gestellt. Jedermann kann tippen, welches Gewicht am Ende des Wiegetages auf der Skala erscheint. Derjenige mit dem exakten bzw. besten Ergebnis bekommt ein handgefertigtes Modell des Osebergschiffs, die beiden nächstbesten Ergebnissen je einen Wollteppich mit dem ikonischen Wikingerschiff. Bis Platz 10 gibt es dann noch je eine Jahreskarte für das Museum als Trostpreise. Aber wer mittun will, muss sich sputen und seine Schätzung bis zum 29. Januar 2018 abgeben ;)

  • Im Rahmen der Konservierungsmaßnahmen sind die Wikingerschiffe auf Bygdøy ja unter laufender Beobachtung. Unter anderem werden sie im Fünfjahresrhythmus gescannt. Das ist nun wieder beim Gokstadschiff passiert - mit deprimierendem Ergebnis, so Bjarte Aarseth, der für die jüngsten Messungen verantwortliche Ingenieur. Bis zu 5 mm hat sich die Rumpfform des Schiffes seit der letzten Messung verändert =O Neben dem Alter und den aus den seinerzeit angewendeten Konservierungs- und Aufstellungsmethoden wird v.a. die rapide steigende Besucherzahl als ein Grund für die Veränderungen gesehen. So übertragen sich die Erschütterungen, die sie Museumsbesucher verursachen, direkt auf die ungedeämpft aufgestellten Schiffe. Man hofft nun, dass dieser Schockbefund auch etwas Gutes in sich tragen könnte, nämlich eine Beschleunigung des Museumsneubaus, in dem die Schiffe u.a. schwingungsgedämpft und klimakontrolliert aufgestellt werden sollen.

  • Das im Herbst 2018 bei Gjellestad in Viken (Østfold) gefundene Wikingerschiff soll auf dringenden Rat von Riksantikvaren nun zeitnah ausgegraben werden. Dafür hat die Regierung jetzt Mittel in Höhe von 15,6 Millionen Kronen bewilligt. Damit wäre dies die erste Ausgrabung eines Wikingerschiffs in Norwegen seit gut 100 Jahren, die anderen bekannten Funde, z.B. auf Leka bei Rørvik, werden ja angesichts der Probleme bei der Konservierung und in der Hoffnung auf zukünftig bessere Grabungstechniken bewusst in situ gelassen und nur z.B. per Bodenradar untersucht.


    In Gjellestad ist es allerdings etwas anders gelagert: Untersuchungen haben ergeben, dass Luft in den Grabhügel eingedrungen ist, das Schiff unter Pilzbefall leidet und sein Erhalt durch Drainagemaßnahmen in der Umgebung gefährdet ist. Zwar wird nicht erwartet, dass ein komplettes Schiff ausgegraben wird, aber die Archäologen erhoffen sich von den sicher erhaltenen Schiffsteilen, darunter auch der Kiel, wichtige Aufschlüsse über die wikingerzeitliche Schiffskonstruktion.


    Die Finanzierung muss zwar noch durch das Storting, wenn diese Hürde aber genommen ist, könnten die Ausgrabungsarbeiten bereits im nächsten Monat beginnen.

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