Geschichten aus der Vergangenheit

  • Das als "Quecksilberuboot" bekannte U-864, das am 9/II.1945 von dem britischen Unterseeboot HMS Venturer vor der Insel Fedje (Wiki: http://hurtigwiki.de/strecke/bergen-floro/fedje) an der Strecke Bergen - Florö versenkt worden ist, wird vorerst nicht geborgen werden.


    Damit setzt sich das Hin und Her bezüglich des Umgangs mit dem Ubootwrack fort, das erst 2003 entdeckt worden war. Ursprünglich hatte die Regierung Pläne favorisiert, das Wrack in einem Betonsarkophag einzukapseln, dann aber 2009 einer niederländischen Bergungsfirma den Auftrag zur Bergung gegeben. Jedoch waren diese Arbeiten nicht in Angriff genommen worden. Nun sollen offenbar wieder alle Alternativen zu einer Hebung diskutiert werden.


    Die Anrainer sind über diese Entwicklung nicht sehr erfreut, denn die Überreste von U-864 gelten als tickende Umweltzeitbombe, da das Boot bei seiner Versenkung kriegswichtige Güter, unter ihnen ca. 65 Tonnen Quecksilber, geladen hatte, die es nach Japan bringen sollte.

  • Auf Beschluss der Regierung wird für den verstorbenen Widerstandshelden Gunnar Sønsteby ein Staatsbegräbnis veranstaltet. Die kirchliche Trauerfeier, an der auch König Harald V. teilnehmen wird, soll am 25. Juni im Dom zu Oslo stattfinden, anschließend soll nach Angaben von Gunnar Sønstebys Tochter Marianne auch noch eine Gedenkstunde im Rathaus abgehalten werden.


    Der genaue Begräbnisort steht aber noch nicht fest. Auch wenn die Feierlichkeiten offiziellen Charakter haben und vom Staat bezahlt werden, hat in dieser Frage die Familie des Verstorbenen das letzte Wort.

  • auf die Shetlandinseln ist der Motorfischkutter Heland.


    Der Kutter ist einer der als shetlandsbåtene bekannten Fischereifahrzeuge, die während der deutschen Okkupation ein wichtiger Teil der der Verbindung zwischen der Heimat und der freien Welt gewährleisteten. Neben Widerstandskämpfern und Ausrüstung wurden auf diesen Schiffen auch von den Nazis Verfolgte aus dem Land geschleust - immer unter der Gefahr, von deutschen Kriegsschiffen oder Flugzeugen angegriffen zu werden. Dass diese Verbindung sehr effektiv war, lässt sich an der englischen Bezeichnung für die shetlandsbåtene ablesen: Shetland Bus. Auch die Alesund-Besucher unter uns werden sicherlich das Denkmal für die Englandfahrer der Jahre 1940-45 kennen.


    Bei ihrer Ankunft in Lunna Voe, dem Hafen auf den Shetlands, in dem die shetlandsbåtene "abgefertigt" wurden, wird MK Heland die erste ihrer Art sein, die die Überfahrt seit Kriegsende absolviert hat.


    Ursprünglich war geplant, dass das Schiff bereits heute in Scalloway, einem weiteren Zielhafen auf den Shetlands, liegen sollte, wo Statsminister Jens Stoltenberg ein Museum über die Shetlandsfahrten eröffnet hat. Ein Sturm auf Stadhavet machte aber die Pläne der zehnköpfigen Crew der Heland zunichte, Alesund am letzten Montag zu verlassen. Nun werde man den 17. Mai eben mitten auf der Norsee feiern - ganz traditionell mit Birkengrün und norwegischen Flaggen. Das Hauptziel sei schließlich, Lunna Voe und später auch Scalloway zu erreichen, wo die Heland auch wieder auf ihr altes Rettungsboot treffen wird - dieses ist von Helands Venner (dort finden sich auch ein paar Bilder aus Kriegstagen), dem Trägerverein des Kutters, nämlich dem Museum gestiftet worden, das Stoltenberg eröffnet hat.

  • Noch etwas zum Shetland Bus:
    Hier gibt es umfassende Informationen zu der Route. Die Boote stehen sogar in direktem Zusammenhang zur Tragödie von Telavåg, die auch heute noch im ganzen Land bekannt ist und als das "norwegische Lidice" bezeichnet wird ;(

  • Liebe EL-FI, tausend Dank für den tollen Link - ich habe ihn gleich zu den Favoriten genommen. :thank_you: :thank_you: :thank_you:


    Bemerkenswert ist, dass ein Gutteil der Arbeit auf ein COMENIUS-Projekt zurückgeht, an dem auf den Shetlands die Scalloway Junior High School beteiligt war, die heute Besuch von Jens Stoltenberg bekommen hat.


    Ich habe selber schon an COMENIUS mitgearbeitet und es als sehr bereichernd für die Schüler und die Lehrer gefunden - das nächste Projekt ist schon beantragt, jetzt heißt es :thumbup: und hoffen...

  • An dieser Stelle einmal herzlichen Dank und grosses Kompliment für Eure Recherchen zur norwegischen Geschichte an Renate und Britannicus. :thank_you: Sie sind spannend zu lesen und bildend,sowie aufklärend und mahnend zugleich,klasse! :ok:

  • Vor dem Dom zu Oslo war eine 24-köpfige Ehrenformation der königlichen Leibgarde aufgezogen, eine große Anzahl Menschen hatte sich versammelt und in der Kirche standen sechs Gardisten Ehrenwache an dem mit der norwegischen Flagge bedeckten Sarg, vor dem die zahlreichen Auszeichnungen des Verstorbenen aufgestellt waren. Das offizielle Norwegen war durch seine höchsten Repräsentanten vertreten: König Harald V, Statsminister Jens Stoltenberg mit 15 Regierungsmitgliedern, Stortingspräsident Dag Terje Andersen.


    In einem würdigen Gottesdienst hat Norwegen Abschied vom Widerstandshelden Gunnar Sønsteby genommen, der am 10. Mai im Alter von 94 Jahren verstorben ist. Zeitweilig war er während der deutschen Besatzung Norwegens der von der Gestapo meistgesuchte Norweger gewesen, für seine Verdienste im Freiheitskampf der Jahre 1940-45 wurde er mit höchsten Ehren ausgezeichnet und war bei seinem Tod der höchstdekorierte norwegische Bürger überhaupt.


    "Kjakans" Enkel Magnus und Jonas erinnerten an den Großvater und Familienmenschen Gunnar Sønsteby, Domprobst Olav Dag Hauge erinnerte an seinen Einsatz für Freiheit und Demokratie in Norwegen, aber auch das tiefe Verhältnis zwischen Gunnar Sønsteby und seiner Frau und hob hervor, dass seine politischen Werte in Bezug auf Staat und Gesellschaft von vielen der Jugendlichen auf Utøya aufgenommen und geteilt worden seien. Statsminister Jens Stoltenberg nannte "Kjakan" einen echten Helden, sowohl im Krieg aber ebenso auch im Frieden, der mehrere Generationen mit seinem unzerstörbaren Bekenntnis zur Demokratie zum Lehrer und Vorbild geworden sei.


    Nach dem Ende des Gottesdienstes erwies die norwegische Luftwaffe Sønsteby mit einem Formationsüberflug von vier F 16-Kampfflugzeugen die Ehre.

  • Das Kronprinzenpaar hat bei seiner Reise durch Møre og Romsdal ja wirklich "Kaiserwetter". Heute steht Molde auf dem Programm. Dabei besuchten sie natürlich auch die "Königliche Birke", ein nationales Symbol des Widerstands im 2. Weltkrieg. Es ist zwar leider nicht mehr das Original, aber immerhin :)
    Mehr über diese Birke steht auch hier in unserem Wiki .

  • Vielleicht kennt jemand Rick's Café in Veiten, nur gut 500m Luftlinie vom Hurtigrutenanleger in Bergen entfernt? Das Café ist in dem Gebäude untergebracht, in dem während der deutschen Okkupation die für Bergen zuständige Gestapoleitstelle untergebracht war. Vor dem Gebäude liegt heute ein Rondel, das der Cafebetreiber gerne mit einem Wintergarten überbaut hätte.


    Dies ist jetzt untersagt worden, da der Anbau die Gedenkplakette für die von der Gestapo Ermordeten, in den Selbstmord Getriebenen und Gefolterten verdecken würde. Zudem findet auf dem Rondel jeden 8. Mai eine Gedenkveranstaltung statt. Fylkesmannen i Sogn og Fjordane begründet seine Entscheidung damit, dass es sich bei dem Ort um einen kriegsgeschichtlich bedeutsamen Gedenkort handele, der auch weiterhin uneingeschränkt der Öffentlichkeit zugänglich sein müsse.

  • in der schwedisch-norwegisch-deutschen Geschichte beleuchtet der Historiker Espen Eidum in seinem jüngst erschienenen Buch Blodsporet ("Die Blutspur"), geht es doch um die Rolle Schwedens während der deutschen Besetzung Norwegens.


    Dass verplombte Züge während des Krieges durch Schweden rollten und auch über die Erzbahn der Verkehr kräftig lief, ist zwar hinreichend bekannt - nach dreijähriger Recherche in schwedischen, norwegischen und deutschen Archiven ist Eidum aber nun zu dem Ergebnis gekommen, dass der Umfang der schwedischen Willfährigkeit gegenüber dem Naziregime wesentlich größer gewesen ist, als bisher angenommen. Neu ist z.B. die Erkenntnis, dass die deutschen über das schwedische Eisenbahnnetz noch während der Kämpfe um Narvik im Frühjahr 1940 Nachschub und Verstärkung herangeführt hätten. Das Ganze sei auf Wunsch Adolf Hitlers geschehen und als humanitäre Aktion getarnt worden, nämlich als Sanitätszüge, die auch Lebensmittel für Verwundete transportierten. Tatsächlich seien auch Sanitäter an Bord gewesen, jedoch seien auf jeden von ihnen 17 Soldaten nebst Ausrüstung gekommen. Insgesamt sollen drei Züge mit 30-40 verplombten Wagen während der Narvikschlacht in das Kampfgebiet gefahren sein.


    Auch später, während der Besatzung Norwegens, seien regelmäßig deutsche Militärzüge nach Oslo, Trondheim und Narvik über das schwedische Schienennetz abgewickelt worden, teilweise seien auch norwegische Gefangene in so geführten Zügen ins Deutsche Reich und dort z.T. auch in Konzentrationslager verbracht worden.


    In Schweden ist diese Art der Kollaboration noch heute nahezu ein Tabuthema. Bereits 1940 bemühte sich Schwedens Regierung, der norwegischen Exilregierung und in Stockholm lebenden Norwegern zu versichern, dass sie keinen Transport von deutschen Truppen durch Schweden zulasse, und auch heute wird dem Thema weitgehend ausgewichen - eine Erfahrung, die auch Eidum während seiner Recherchen immer wieder machen musste.


    Blodsporet ist bei Forl. Kristiansen erschienen und kostet NOK 339,-.

  • Die VW-Enthusiasten Anders Fiva und Kent Høgseth aus Bodö haben in einem Wald bei Narvik einen Kübelwagen Modell 43 ausgegraben, der ursprünglich den deutschen Besatzungstruppen gehört hat und nach der Befreiung bis in die 1960er Jahre von einem Nachbarn des Waldeigentümers Ragnvald Hansen gefahren. Anschließend wurde das Automobil 1965 durch Vergraben im Wald entsorgt (andere Zeiten, andere Sitten...). Fiva und Høgseth hatten Wind von dem "Bodenschatz" bekommen, und Waldeigentümer Hansen erlaubte ihnen das Ausgraben. Besonders für die Nachbarschaft ist die Ausgrabung mit viel Nostalgie verbunden, denn bis in die 1960er Jahre war der Automarkt in Norwegen reguliert und entsprechend selten, sodass viele ältere Anwohner sich an Mitfahrten in dem Gefährt erinnern.

  • die Form des Wagens kann aber nur noch erahnt werden. Aber wer sich solche Mühe macht, das Teil auszugraben, der wird auch genügend Ausdauer (und hoffentlich Kleingeld) haben, um das Teil auszuarbeiten.
    Lynghei

  • offenbar aus der Sowjetunion stammt


    Naja, es ist von der Verortung her zunächst sicherlich bemerkenswert, aber vom publizistischen Standpunkt hinsichtlich der Ursache durchaus nachvollziehbar. Die Medien arbeiten mit großen Bilddatenbanken, Bild- und Textredaktionen sind oft getrennt, d.h. Bild- und Textredakteur arbeiten unabhängig voneinander. Dies kommt gerade bei Hintergrundberichten zum Tragen, wenn ein sog. "Symbolbild" verwendet wird. Es wird dann ein Schlagwort aufgerufen und ein passendes Bild gewählt und eingefügt, ohne dass die Stimmigkeit en detail verifiziert wird (Verifikationsredakteure sind teuer und verlangsamen den Publikationsprozess erheblich, was inbesondere im Onlinegeschäft nicht zielführend ist).


    In den meisten Fällen geht dieses Verfahren unbemerkt durch, da es sich bei der Leserschaft überwiegend um Laien handelt, aber sobald man über Hintergrundwissen verfügt, fällt das natürlich auf... Das wird aber in Fällen wie diesem durchaus in Kauf genommen, da es sich bei den Sachkundigen eher um eine Minderheit handelt.


    Das ist ähnlich wie an Bord: Hat sich jemand schon einmal um die genaue Position der Propeller der Rettungs- und Beiboote gekümmert? Ist letztendlich auch egal, aber ich habe mal gelernt, dass bei dreiflügligen Propellern immer ein Flügel nach oben zeigen soll. Da geht es um den Gesamteindruck vom Schiff, wenn es präsentiert werden soll. Begründung: "Hardly anyone will notice, but someone important might!" Die Position der Propeller ist nun wahrlich nicht sicherheitsrelevant, aber lässt im weiteren Sinn durchaus Rückschlüsse auf die Schiffsführung zu.

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