4. Tag, Sonntag 10. April 2011
Broennoesund und Sandnessjoeen verschlafe ich ruhigen Gewissens (kann ich mir ja auf dem Rückweg noch ansehen), pünktlich zum Ablegen aus Nesna stehe ich, wie üblich bewaffnet mit Kaffeebecher an Deck. Nach einer ordentlichen Portion Frischluft und einem weiteren Kaffee stelle ich mich erstmal unter die Dusche, ich will ja nicht dreckig in Neptuns Reich nördlich des Polarkreises fahren .
Meine am Vorabend getippte Zeit für die Überquerung war 07:34:24, aber weit gefehlt, bereits um 7:02 passieren wir den Globus. Die „Raserei“ des Kapitäns und die Tatsache, dass in den Kabinen keine Durchsagen zu hören sind, sorgten dafür dass erstaunlich wenig Gäste an Deck waren.
Also auf zum ersten Frühstück meines Lebens nördlich des Polarkreises, an meinem Tisch sitzen wie schon Gestern Mittag ein Distanzpassagier der in Trondheim zugestiegen ist und sein Enkel, die beiden sind auf Urlaubstour und steigen heute in Bodoe wieder aus um von dort, nach einer Zwischenübernachtung, mit der Midnatsol auf die Lofoten zu fahren.
Steve gesellt sich späterer Zeit noch an unseren Tisch und im Laufe des Frühstücks erfahren wir, dass der Norweger für die staatliche Ölgesellschaft Statoil als Geologe und Geobiologe arbeitet.
Das Frühstück unterbrechen wir kurz, als wir in Oernes anlegen.
15 Minuten Aufenthalt reichen für einen kurzen Erkundungsgang über die Kaianlagen von Oernes, nach dem Ablegen nutzen wir die Gelegenheit dass unser Tisch noch frei ist (und auch scheinbar keine weiteren Gäste zum Frühstück kommen) um das für den Landgang unterbrochene Frühstück fortzusetzen. Ps. Heute gibt es zusätzlich noch Bacon und Spiegeleier, ab und an finden sich noch ein paar gebackene Tomaten auf der Platte ein (eher wenig, da das entsprechende Zielpublikum nicht an Bord ist).
Um 10:30 findet die Polarkreistaufe statt, leider nicht draußen, sondern, wohl auch wetterbedingt, in der hinteren Bar. Das Rufen des Neptun entwickelt eine gewisse Eigendynamik (Gerüchteweise ist eine Gruppe jüngerer Passagiere aus Kanada, Deutschland, Frankreich und Norwegen dafür verantwortlich) und so kommt ein ziemlich schlecht gelaunter :P, kurzsichtiger Neptun in die Bar. Dieser Neptun ist ungefähr 1,70 groß und klingt beim Sprechen genau so wie die Bedienung aus der Cafeteria (Zufall???). Nach seiner Begrüßungsrede (verlesen durch unsere Reiseleiterin) beginnt das Taufzeremoniell, zuerst ist eine Kellnerin aus dem Restaurant dran, sie hat ihre erste Polarkreisüberquehrung an Bord eines Hurtigrutenschiffes, nach 4 Kellen Eiswasser ist Neptun zufrieden. Als erstes soll der Gewinner des Polarkreisraten getauft werden, der allerdings nicht unter den Anwesenden weilt. Also dann freiwillige vor und nach und nach werden die Gäste nasser und Neptuns Eiskübel leerer. Ein Gast verdrückt sich zu beginn der Taufe, kommt jedoch kurz vor Ende der Zeremonie wieder, in Badehose und Bademantel gekleidet . Als er in der letzten Gruppe auf seine Taufe wartet, nutzt er die Gelegenheit und schnappt sich unsere, völlig überraschte Reiseleiterin Berit und setzt sie auf den mittleren Stuhl der Taufbank. Neptun und der Kapitän lassen es sich nicht nehmen den kompletten Restinhalt des Kübels über die beiden zu verteilen.
So, nun erstmal umziehen, denn auch ich wurde wassertechnisch nicht gerade geschont, und am Mittagsbuffet einen kleinen Imbiss genommen, das Buffet ist heute schon ab 11:30 geöffnet, da wie um 12:30 in Bodoe anlegen.
Ich habe mich entschlossen das Luftfahrtmuseum zu besuchen (150 Kronen), außer mir haben noch 3 andere Passagiere dieses Ziel, ungefähr 10 Personen machen sich im Speedboot auf den Weg zum Saltstraumen, dem stärksten Gezeitenstrom der Welt, weitere 12 Personen fahren mit dem Bus zum Saltstraumen.
Das Luftfahrtmuseum ist in einen militärischen und einen zivilen Teil gegliedert, ein Besuch hier lohnt, es gibt sehr wenige Absperrungen und einige Ausstellungsstücke können betreten werden. So kann ich zum Beispiel auch im Cockpit eines Starfighters platz nehmen. Ein Mitarbeiter des Museums, der früher selbst den Starfighter geflogen ist erklärt die Armaturen und Anzeigen.
Gegen 14:45 werden wir vor dem Museum wieder eingesammelt und fahren mit einem Kleinbus zurück zur LOFOTEN. Keine 2 Minuten nachdem wir an Bord sind legen wir auch schon ab.
Leider sind wir nicht direkt nach der Hafenausfahrt „rechts rum“, sondern sind einen großen Bogen in Richtung Landegode gefahren. Nachdem wir das Leuchtfeuer Landegode passiert haben ging es über den Vestfjorden zu den Lofoten.
Per Lautsprecherdurchsage werden wir gewarnt, dass es etwas unruhiger werden könnte. Da Wettertechnisch nicht allzu viel zu erwarten ist (Regen, Nebel, Wind) und die Lofotenwand somit nur zu erahnen ist, trifft sich unsere Tischgruppe, bewaffnet mit Kaffeebecher, Laptop, MP3 Player etc in der hinteren Bar. Außer uns sind sehr viele jüngere Norweger hier anwesend, Berufsschüler und Internatsschüler die allesamt in Bodoe zugestiegen sind und nun zum Ferienbeginn auf dem Heimweg sind. Der Vestfjord und die nicht vorhandenen Stabilisatoren sorgen bei einigen allerdings für einen nicht ganz so angenehmen Ferienbeginn.
Gegen 18:45 ist der Spuk vorbei, schlagartig lassen die Wellen nach, backbordseitig werden wir nun von einer mächtigen Gebirgswand geschützt, wir sind also auf, oder besser zwischen den Lofoten. Gegen 19:00 legen wir in Stamsund an, und auch das Wetter wird so langsam besser.
Als wir Stamsund verlassen und um 20:00 zum Essen gehen werden wir allerdings noch einmal gut durchgeschaukelt, vorsichtshalber wurden heute normale Wassergläser, ohne Stiel eingedeckt.
Auf dem Menu stehen:
Meeresfrüchtecocktail nach Vestfjord Art
Auf Bruschetta mit Salat
Würzige Schweinerippchen
mit Apfelchutney, Rotkohl, Portweinsauce und
Gebackenen Amandine - Kartoffeln
Zwischen Hauptgang und Dessert platzt unangekündigt und ohne Vorwarnung die Nordlys
Unseren „Mädels“ ist der Hauptgang zu mächtig und so wechseln die Schweinerippchen kurzerhand die Teller
10 Minuten vor der Zeit legen wir um 21:00 in Svolvaer an.
Auf dem Weg zur Ausstellung „Magic Ice“ versuche ich die riesigen Stockfischgestelle in der Hafeneinfahrt auf den Sensor zu bannen, die habe ich bei der Einfahrt in den Hafen doch glatt übersehen ;).
Magic Ice ist auf jeden Fall sehenswert, ich kann mir aber vorstellen, dass bei einem Schiff das wesentlich größer ist als die LOFOTEN hier ein ziemliches Gedränge ausbricht, und die Wirkung der Beleuchtung pausenlos „totgeblitzt“ wird (dies war leider schon bei uns der Fall, hielt sich aber noch in Grenzen).
Gegen 23:00 ging es dann durch den Raftsund. Da es stockdunkel war, habe ich die Kamera in der Kabine gelassen. Meinen Kaffeebecher fülle ich mit Schwarztee und einem ordentlichen Schluck Rum auf, werfe mich in die Skihose vom Kaffeeröster und entere die Brückennock. Hier oben stehen die üblichen verdächtigen. Nicht wenige mit Kaffeebecher in der Hand :D. Obwohl ein eisiger Wind durch den Sund weht ist das Wasser spiegelglatt und die Berge spiegeln sich auf der Oberfläche. Meine Hoffnung steigt, dass wir eventuell in den Trollfjord einfahren, aber leider lassen wir den Trollfjord im wahrsten Sinne des Wortes links liegen, nichtmals seine Einfahrt bekommen wir zu sehen.
Nach der Durchfahrt ging es dann in die Koje, viele Leute haben sich die Passage nicht angesehen, jedenfalls waren beide Panoramasalons fast menschenleer, auch in der hinteren Bar (lag halt auf dem Weg zwischen Kaffeemaschine und meiner Kabine) herrschte gähnende Leere.
Edit sacht noch : Um 08:15 begegnet uns die südgehende Hurtigrute MS POLARLYS