Expedition in die Antarktis inkl. Falklandinseln und den chilenischen Fjorden vom 29.02.-16.03.2020 mit der MS Roald Amundsen

  • Liebe Hurtigis,


    ich habe an der wahrscheinlich letzten Reise in die Antarktis der Saison 19/20 teilgenommen. Es war ein Traum!
    Zur Vorgeschichte. Ich bin ein absoluter Hurtig-Neuling; habe diese Reise entdeckt bei der Lektüre der SZ im letzten Jahr und gleich gebucht.
    Hier nun mein Bericht:


    Die Vorbereitung


    Ich habe die Reise im Oktober2019 gebucht; ausschlaggebend war das Komplettangebot für Reise, Flug und Doppelkabine zur Einzelnutzung. Ich habe alles online abgewickelt; und wenn man mal von den langen Wartezeiten in der Hotline absieht, hat sich Hurtigrouten sehr professionell um alles gekümmert.


    Die Anreise


    Der Flug von Frankfurt über Madrid nach Santiago mit der LATAM war sehr entspannend gewesen (was sicher auch an der business-class gelegen hat...).
    Am nächsten Tag ging es weiter mit LATAM nach Punto Arenas, wo uns die ‚Roald Amundsen‘ schon am Pier erwartete.


    Das Schiff


    Die MS ‚Roald Amundsen‘ ist ein Schiff der neuesten Generation, vollgepackt mit Hightech, wo immer es sinnvoll und notwendig ist. Und ALLES hat funktioniert! Ich hatte im Vorfeld auch meine Bedenken, gab es doch auch sehr kritische Kommentare zum Schiff. Doch ich muss sagen, dass nichts (!) zu beanstanden war.


    Die Kabinen


    Ich hatte eine Außenkabine mit Balkon an Deck 7 achtern backbord. Schon gleich beim ersten Betreten habe ich gefühlt, dass man es hier für drei Wochen gut aushalten kann. Eine sehr hochwertige Ausstattung im skandinavischen Design; so z.B. ein großes Bett mit Daunendecke (da kann man auch in der Antarktis mal mit geöffneter Balkontür schlafen), bequeme Sessel zum Lesen und Fernsehen, ein Bad mit allem, was man braucht. Dazu genug Schränke zum Verstauen, und wer’s braucht: eine gefüllte Minibar und ein Wasserkocher für den ‚Kaffee zwischendurch‘. Der große LED-TV versorgt einen mit allen Informationen, die man tagesaktuell abrufen kann. Auch
    gibt es ein gutes Angebot an Filmen und Serien; falls man Zeit dazu hat…


    Und ja, es gibt WLAN an Bord! Das ist kostenfrei und war auch immer verfügbar.


    Der Wellness-Faktor


    Wer es wollte, kam auch hier auf seine Kosten. Eine großzügige Sauna auf Deck 10 mit Panoramablick auf die fantastische Eislandschaft der Antarktis; ein sehr gut ausgestatteter Fitnessraum, im Außenbereich achtern zwei Whirlpools und ein kleines Schwimmbecken. Und wem der Rücken weh tat, konnte sich auch professionell
    ‚durchkneten‘ lassen.


    Die Verpflegung


    Ein absolutes Highlight! Jörg, der Küchenchef, und sein Team haben es verstanden, uns jeden Tag auf das Beste zu verwöhnen. Man konnte wählen:
    Das große Hauptrestaurant AUNE, in dem es alle Mahlzeiten gibt. Frühstück und Mittag als Buffet, am Abend je nach dem Tagesprogramm gab es ein 3-Gänge-Menü (zwei
    Essenzeiten) oder Buffet. Dazu gab es noch die Restaurant FREDHELM und LINDSTROEM, die ich aber nicht getestet habe.


    Im AUNE arbeitete ein Serviceteam, was diesen Namen auch verdient. Christopher, Anne und all die anderen fleißigen Kellner waren immer freundlich, umsichtig und gaben uns jederzeit das Gefühl, dass hier der Gast der König ist, so wurden auch Sonderwünsche gerne erfüllt.


    Das Expeditionsteam


    Auch hier wurden Maßstäbe gesetzt. Steffen (der Chef) und sein Team von jungen Wissenschaftlern (Historiker, Biologen, Geologen, Meeresbiologen), erfahrenen Guides und natürlich Henryk aus Polen (als die Instanz für alles, was Shackelton, die Endurance und Magellan angeht) haben es super verstanden, das Programm sehr abwechslungsreich zu gestalten. Die Kombination von der Theorie (Vorträge zu allen Themen rund um die Expedition)) und der Praxis (bei Anlandungen und Cruisen) hat jedem Gast die Möglichkeit gegeben, seinen Tagesablauf ganz individuell gestalten zu können.


    Die Reise


    Es sollte eine Expedition werden, und das war es auch! Der Kapitän hat die technischen Raffinessen des Schiffs voll ausgenutzt, um uns allen unvergleichliche Momente zu geben. Der Fahrplan wurde jeden Tag aufs Neue erstellt, keiner wusste vorher, was wir am nächsten Tag zu sehen bekommen. Und wenn es aktuell Wale zu sehen gab, oder einen besonders tollen Eisberg, dann hat der Käpt’n das Schiff einfach angehalten bzw. ist eine Ehrenrunde um den Eisberg gefahren.


    Hier nun ein Überblick:


    Ablegen in Punto Arenas,
    Fahrt durch den „Beagle Kanal“ und vorbei den „Gletschern der Nationen“ bei 20 Grad und Sonnenschein.
    Anlandung an Kap Horn war aufgrund der hohen Dünung nicht möglich.


    Überfahrt der Drake-Passage bei 6-7m hohen Wellen… also mehr ‚Drake-Shake‘ als ‚Drake-Lake‘…


    Am dritten Tag dann Die Antarktis


    Hier nur mal die Anlandungen:


    4. Tag ‚Yankee Harbour‘


    5. Tag ‚Pendelum Cove‘ auf Deception Island


    6. Tag Fahrt durch den ‚Lemaire-Kanal‘ und Besuch der ‚Vernadsky-Station‘


    7. Tag Fahrt durch ‚The Gullet‘ und Anlandung in Stonington Island


    8. Tag Horseshoe Island und Fahrt durch ‚The Gullet‘


    9. Tag ‚Port Chacrot‘ auf Booth Island, Zodiac-Cruisen durch die Eisberge, Fahrt durch den ‚Lemaire-Kanal‘


    10. Tag Zodiac-Cruisen durch die Felsformationen auf Spert Island


    11. Tag ‚Port Wild‘ auf Elephant Island


    Die Kenner unter euch werden sicher beeindruckt sein. Und in der Tat, wir waren es auch. Wir hatten insgesamt nur 1,5Regen-/Schneetage; ansonsten trockenes Wetter und Sonnenschein. Dazu ein relativ ruhiges Meer, was uns diese Vielzahl an Anlandungen erst ermöglichthat. Unsere ‚Zodiac driver‘ haben alle Passagiere (die wollten…) zügig und sicher an Land gebracht und ebenso (auch meistens trocken) zurück an Bord. Es war immer ausreichend Zeit, sich an Land umzuschauen. Die Wanderungen waren sehr beliebt; ebenso das Kajak fahren und natürlich eine Mitfahrt im ‚science boat‘ am frühen Morgen.



    Welche Tiere haben wir gesehen?


    Im Wasser:


    Finnwale, Buckelwale, Orcas, Minkwale,


    An Land:


    Esels-, Magellan- und Zügelpinguine, dazu die putzigen ‚Rock hookers‘, Robben, Seeleoparden, Seelöwen. Seeelefanten,


    in der Luft:


    u.a. Caracaras, Albatrosse, Skuas, Sturmvögel, den ‚snowy sheathbill‘ und viele mehr.



    Die Eisberge


    Die waren natürlich die heimlichen Favoriten aller Fotografen an Bord. Alle Größen (der Größte war 2,6km lang), alle Formen und viele Farben waren zu sehen. Wir sahen sie auf offener See, aber auch im ‚Lemaire-Kanal‘ fast zum Anfassen.



    Dann ging es aber noch weiter…


    12. Tag ‚Drake-Lake‘ und Einfahrt in den Südatlantik


    13. Tag Stanley auf den Falkland Islands


    14. Tag Sanders Island (Falklands)


    15. Tag New Island (Falklands)


    Und die Falklands sind auch sehr reizvoll; viele Tiere in ihrer natürlichen Umgebung, dazu eine vielfältige Flora. Absolut empfehlenswert!



    Die Rückreise


    Von den Falklands ging es durch die Magellan-Straße Richtung Punto Arenas. Und dann hat uns dieses verruchte Virus namens ‚Corona‘ eingeholt. Obwohl wir alle absolut gesund sind (die Ansteckungsgefahr in der Antarktis ist eher gering…), dürfen wir bisher das chilenische Festland nicht betreten respektive unsere Heimreise noch nicht
    antreten. Wir liegen aktuell noch vor Punto Arenas vor Anker. Das ist natürlich sehr ärgerlich! Aber auch hier agiert das Team von ‚Hurtigrouten‘ sehr professionell, indem es alle Hebel in Bewegung setzt, um uns nach D zu bekommen. Dazu ‚müssen‘ wir eine weitere Nacht auf diesem wunderbaren Schiffverbringen, und sie tun alles, um uns die Wartezeit an Bord so angenehm wie möglich zu gestalten.


    Alles in allem war die Reise ein Traum. Ich bin mir sehr bewusst geworden, wie wichtig es ist, diese einmalige Region zu erhalten. Man sieht deutlich die Folgen des Klimawandels; das Schelfeis schmilzt, ebenso die Gletscher Patagoniens. Dazu kommt die fischwirtschaftliche Ausbeutung des Gebietes, welches das fragile Ökosystem extrem belastet.


    Umso froher macht es mich, dass ich das alles nochmal sehen konnte.


    Ich möchte meinen Bericht mit einem Ausspruch (von wem auch immer…) beenden:


    „Wer sagt, er kennt die Antarktis, der war niemals dort gewesen.“


    PS: Freue mich auf eure Frage und Bemerkungen.

  • Toller Bericht!!! Vielen Dank


    Die Begeisterung konnte ich in jeder Zeile fühlen.


    Es ist, soweit ich weiß, erst seit heute nicht mehr möglich in Punto Arenas an Land zu gehen.


    Ich wünsche dir, dass schnellstens eine gute Lösung gefunden wird.


    Gruß seealpe

  • Herzlichen Dank für deinen Bericht, in dem das Staunen und Freuen über die ganz andere Welt "dort unten" zum Ausdruck kommen.!! Danke auch für die Infos zum Schiff etc. Da haben wir noch nicht viel aus erster Hand gehört.
    Ich hoffe, ihr könnt die zusätzlichen Tage und Nächte an Bord als Geschenk ansehen, diese Zeit einfach und eure Gelassenheit behalten!!

  • Auch von mir vielen Dank für den sehr informativen Kurzbericht :)
    Trotz der Kürze kann man deine Begeisterung aus jeder Zeile lesen, danke dass du sie mit uns teilst :thumbup:


    Dir einen nicht mehr zu langen Zwangsaufenthalt und gute Heimkehr (notfalls mit der MS Roald Amundsen bis Hamburg ;) )


    Viele Grüße
    Noschwefi

    Chor: Wir sind alle Individualisten :o-smile
    Einzelstimme: Ich nicht :o-tongue


    Reiseberichte siehe Profil :lofoten2:



  • Vielen Dank für deine tollen Informationen bezüglich des Schiffes usw. und den Bericht von der Antarktis. Wir werden im November dorthin mit der Fridjof Nansen reisen und freuen uns schon sehr auf diese traumhafte Reise. Euch wünsche ich eine gute Heimreise.

    :lofoten2:
    Gruß
    Jürgen


    Kong Harald 2013 BGO-KKN
    Richard With 2015 BGO-KKN-BGO
    MS Lofoten 2017 BGO-KKN-BGO
    MS Lofoten 2019 BGO-KKN-BGO

  • Auch von mir vielen Dank für Deinen Bericht. Wir starten am 5.12. zu dieser Reise und hoffen inständig, dass uns Corona keinen Strich durch die Rechnung macht. Die Ungewissheit trübt die Vorfreude leider momentan ein wenig.


    Ich wünsche Dir eine möglichst reibungslose Rückreise und nochmals vielen Dank.

  • Hier ein Update zum momentanen Stand der Dinge bei uns an Bord (17.03.20; 16:15 Uhr)
    Wir liegen nun seit Sonntag nacht hier in Punta Arenas vor Anker. Chile gestattet uns nicht von Bord zu gehen. Frühestens nach einer 14tägigen Quarantäne.... ob wohl wir gerade 18 Tage auf See waren...
    Nun wird angestrebt, nach Stanley auf den Falklands zurück zu fahren. Proviant und Sprit werden gerade gebunkert. Von dort sollen dann Charterflieger nach Europa gehen. Schauen wir mal...
    Die Stimmung an Bord ist gut; Essen und Trinken gibt es weiterhin reichlich, Hurtigruten ist wirklich generös (Freibier, kostenloser Wäscheservice für alle Gäste) Und wenn man will, gibt es Sport, Bildung und Zerstreuung.
    Ich sende beste Grüße in die Heimat!

  • Ist ja unlogisch: Ihr habt die Quaratäne auf dem Schiff quasi schon hinter euch - mehr als 14 Tage ohne Kontakt zum Festland... Schade, dass Chile hier nicht flexibel ist..!
    Nun scheint eure Expedition in ein richtiges Abenteuer zu münden.:-)
    Super, dass du uns hier berichtest! Danke!!

  • Dann kann ich Euch nur die Daumen drücken dass Ihr nicht mehr allzu lange auf dem Schiff festsitzt und bald nach Hause fliegen könnt.

    :lofoten2:
    Gruß
    Jürgen


    Kong Harald 2013 BGO-KKN
    Richard With 2015 BGO-KKN-BGO
    MS Lofoten 2017 BGO-KKN-BGO
    MS Lofoten 2019 BGO-KKN-BGO

  • sternengucker:
    Wir haben bis heute Mittag in Punta Arenas gelegen. Über nacht wurden wir mit Proviant und Sprit versorgt. (das war sehr abenteuerlich; aufgrund der Direktive, dass wir nicht anlanden dürfen, hat ein Versorgungsboot, welches normalerweise die Ölplattformen hier versorgt, längsseits fest gemacht. Dann wurden die die Platten von chilenischen Arbeitern, die total vermummt waren, aufgerissen und jeder einzelne Karton wurde über eine kleine Laderampe zu uns an Bord gebracht und dann dort desinfiziert. Das alles hat insgesamt 18h gedauert!!!) Das war für uns natürlich hoch interessant, besonders von meinem Balkon hatte ich wirklich beste Sicht. Ich war quasi auf Augenhöhe mit dem Kapitän des Schiffes. (siehe Bilder).
    Nun geht es weiter; und da der Käpt'n sich entschieden hat, ohne Lotsen weiter zu fahren, sind wir unterwegs südwestwärts Richtung Pazifik, umrunden morgen Kap Horn und hoffen dann übermorgen in Stanley anlanden zu dürfen. Wie es dort weiter geht, berichte ich dann, wenn es soweit ist.


    Es bleibt spannend!!!


    Aktuelle Position: -53,77359 / -70,92285 Speed 12,6 kt WInd: 55kt

  • Wow-das ist ja ein Erlebnis der ganz besonderen Art ! Beim Lesen bin ich wie elektrisiert - ihr schreibt quasi ein Kapitel Schiffahrtsgeschichte ....
    Vielen, vielen Dank fürs update und bis bald - hoffentlich aus gastlicheren Gefilden! ;)

  • Lieber @Neurohrer Vielen Dank für das Update! Wenigstens ist die Versorgung an Bord gesichert. Ist Kai Albrigtsen auf dieser Fahrt euer Kapitän? Wie ist die allgemeine Stimmung an Bord? Das Team tut bestimmt alles, um alle bei Laune zu halten. Stelle mir allerdings kritisch vor, wenn z.B. Gäste Medikamente nur für den geplanten Reisezeitraum dabei haben.

  • Update II
    Wir haben die gesamte (!) Magellan-Straße befahren und sind heute morgen 05:00 steuerbord in den Südpazifik abgebogen. Aktuell fahren wir außerhalb der 12-Meilen-Zone Richtung Kap Horn; Wind 45kt, Wellen 5-7m.
    Warum sind wir nicht durch den Beagle-Kanal? Weil wir keinen Lotsen an Bord nehmen wollten. Ein Lotse wäre ein (theoretisches) Risiko einere Corona-Infektion, und das würde uns Probleme bereiten für die geplante Anlandung in Stanley. Dort werden wohl mittlerweile mehrere Schiffe erwartet, deren Passagiere ausgeflogen werden sollen. u.a. auch die MS FRAM.
    Das 'Leben' an Bord läuft perfekt; Hurtigruten gibt wirklich alles, dass wir uns wohlfühlen. Es ist zu keiner Minute langweilig, interessante Vorträge von Henryk Wolski und Co. verbessern die Allgemeinbildung; man kann Navigieren lernen oder Aquarelle malen.
    Die perfekte verpflegung trägt natürlich auch zur guten Stimmung bei.
    Der Großteil der Passagiere nimmt die Situation gelassen; denn eigentlich sind wir im Vergleich zum europäischen Festland hier auf der 'Insel der Glückseligen'. Die Kommunikation mit der Heimat ist dank eines stabilen WLAN kein Problem.
    Tini: bzgl. der Medikamentenversorgung gibt es aktuell noch keine Engpässe. Aber sicher hat man hier schon mit dem Hospital in Stanley Kontakt aufgenommen.
    Aktuell haben wir noch ca. 715 nm vor uns; morgen mittag gehts um Kap Horn.


    Ahoi!


    Standort: -53,58599 / -74,57455

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