Liebe Hurtigis,
ich habe an der wahrscheinlich letzten Reise in die Antarktis der Saison 19/20 teilgenommen. Es war ein Traum!
Zur Vorgeschichte. Ich bin ein absoluter Hurtig-Neuling; habe diese Reise entdeckt bei der Lektüre der SZ im letzten Jahr und gleich gebucht.
Hier nun mein Bericht:
Die Vorbereitung
Ich habe die Reise im Oktober2019 gebucht; ausschlaggebend war das Komplettangebot für Reise, Flug und Doppelkabine zur Einzelnutzung. Ich habe alles online abgewickelt; und wenn man mal von den langen Wartezeiten in der Hotline absieht, hat sich Hurtigrouten sehr professionell um alles gekümmert.
Die Anreise
Der Flug von Frankfurt über Madrid nach Santiago mit der LATAM war sehr entspannend gewesen (was sicher auch an der business-class gelegen hat...).
Am nächsten Tag ging es weiter mit LATAM nach Punto Arenas, wo uns die ‚Roald Amundsen‘ schon am Pier erwartete.
Das Schiff
Die MS ‚Roald Amundsen‘ ist ein Schiff der neuesten Generation, vollgepackt mit Hightech, wo immer es sinnvoll und notwendig ist. Und ALLES hat funktioniert! Ich hatte im Vorfeld auch meine Bedenken, gab es doch auch sehr kritische Kommentare zum Schiff. Doch ich muss sagen, dass nichts (!) zu beanstanden war.
Die Kabinen
Ich hatte eine Außenkabine mit Balkon an Deck 7 achtern backbord. Schon gleich beim ersten Betreten habe ich gefühlt, dass man es hier für drei Wochen gut aushalten kann. Eine sehr hochwertige Ausstattung im skandinavischen Design; so z.B. ein großes Bett mit Daunendecke (da kann man auch in der Antarktis mal mit geöffneter Balkontür schlafen), bequeme Sessel zum Lesen und Fernsehen, ein Bad mit allem, was man braucht. Dazu genug Schränke zum Verstauen, und wer’s braucht: eine gefüllte Minibar und ein Wasserkocher für den ‚Kaffee zwischendurch‘. Der große LED-TV versorgt einen mit allen Informationen, die man tagesaktuell abrufen kann. Auch
gibt es ein gutes Angebot an Filmen und Serien; falls man Zeit dazu hat…
Und ja, es gibt WLAN an Bord! Das ist kostenfrei und war auch immer verfügbar.
Der Wellness-Faktor
Wer es wollte, kam auch hier auf seine Kosten. Eine großzügige Sauna auf Deck 10 mit Panoramablick auf die fantastische Eislandschaft der Antarktis; ein sehr gut ausgestatteter Fitnessraum, im Außenbereich achtern zwei Whirlpools und ein kleines Schwimmbecken. Und wem der Rücken weh tat, konnte sich auch professionell
‚durchkneten‘ lassen.
Die Verpflegung
Ein absolutes Highlight! Jörg, der Küchenchef, und sein Team haben es verstanden, uns jeden Tag auf das Beste zu verwöhnen. Man konnte wählen:
Das große Hauptrestaurant AUNE, in dem es alle Mahlzeiten gibt. Frühstück und Mittag als Buffet, am Abend je nach dem Tagesprogramm gab es ein 3-Gänge-Menü (zwei
Essenzeiten) oder Buffet. Dazu gab es noch die Restaurant FREDHELM und LINDSTROEM, die ich aber nicht getestet habe.
Im AUNE arbeitete ein Serviceteam, was diesen Namen auch verdient. Christopher, Anne und all die anderen fleißigen Kellner waren immer freundlich, umsichtig und gaben uns jederzeit das Gefühl, dass hier der Gast der König ist, so wurden auch Sonderwünsche gerne erfüllt.
Das Expeditionsteam
Auch hier wurden Maßstäbe gesetzt. Steffen (der Chef) und sein Team von jungen Wissenschaftlern (Historiker, Biologen, Geologen, Meeresbiologen), erfahrenen Guides und natürlich Henryk aus Polen (als die Instanz für alles, was Shackelton, die Endurance und Magellan angeht) haben es super verstanden, das Programm sehr abwechslungsreich zu gestalten. Die Kombination von der Theorie (Vorträge zu allen Themen rund um die Expedition)) und der Praxis (bei Anlandungen und Cruisen) hat jedem Gast die Möglichkeit gegeben, seinen Tagesablauf ganz individuell gestalten zu können.
Die Reise
Es sollte eine Expedition werden, und das war es auch! Der Kapitän hat die technischen Raffinessen des Schiffs voll ausgenutzt, um uns allen unvergleichliche Momente zu geben. Der Fahrplan wurde jeden Tag aufs Neue erstellt, keiner wusste vorher, was wir am nächsten Tag zu sehen bekommen. Und wenn es aktuell Wale zu sehen gab, oder einen besonders tollen Eisberg, dann hat der Käpt’n das Schiff einfach angehalten bzw. ist eine Ehrenrunde um den Eisberg gefahren.
Hier nun ein Überblick:
Ablegen in Punto Arenas,
Fahrt durch den „Beagle Kanal“ und vorbei den „Gletschern der Nationen“ bei 20 Grad und Sonnenschein.
Anlandung an Kap Horn war aufgrund der hohen Dünung nicht möglich.
Überfahrt der Drake-Passage bei 6-7m hohen Wellen… also mehr ‚Drake-Shake‘ als ‚Drake-Lake‘…
Am dritten Tag dann Die Antarktis
Hier nur mal die Anlandungen:
4. Tag ‚Yankee Harbour‘
5. Tag ‚Pendelum Cove‘ auf Deception Island
6. Tag Fahrt durch den ‚Lemaire-Kanal‘ und Besuch der ‚Vernadsky-Station‘
7. Tag Fahrt durch ‚The Gullet‘ und Anlandung in Stonington Island
8. Tag Horseshoe Island und Fahrt durch ‚The Gullet‘
9. Tag ‚Port Chacrot‘ auf Booth Island, Zodiac-Cruisen durch die Eisberge, Fahrt durch den ‚Lemaire-Kanal‘
10. Tag Zodiac-Cruisen durch die Felsformationen auf Spert Island
11. Tag ‚Port Wild‘ auf Elephant Island
Die Kenner unter euch werden sicher beeindruckt sein. Und in der Tat, wir waren es auch. Wir hatten insgesamt nur 1,5Regen-/Schneetage; ansonsten trockenes Wetter und Sonnenschein. Dazu ein relativ ruhiges Meer, was uns diese Vielzahl an Anlandungen erst ermöglichthat. Unsere ‚Zodiac driver‘ haben alle Passagiere (die wollten…) zügig und sicher an Land gebracht und ebenso (auch meistens trocken) zurück an Bord. Es war immer ausreichend Zeit, sich an Land umzuschauen. Die Wanderungen waren sehr beliebt; ebenso das Kajak fahren und natürlich eine Mitfahrt im ‚science boat‘ am frühen Morgen.
Welche Tiere haben wir gesehen?
Im Wasser:
Finnwale, Buckelwale, Orcas, Minkwale,
An Land:
Esels-, Magellan- und Zügelpinguine, dazu die putzigen ‚Rock hookers‘, Robben, Seeleoparden, Seelöwen. Seeelefanten,
in der Luft:
u.a. Caracaras, Albatrosse, Skuas, Sturmvögel, den ‚snowy sheathbill‘ und viele mehr.
Die Eisberge
Die waren natürlich die heimlichen Favoriten aller Fotografen an Bord. Alle Größen (der Größte war 2,6km lang), alle Formen und viele Farben waren zu sehen. Wir sahen sie auf offener See, aber auch im ‚Lemaire-Kanal‘ fast zum Anfassen.
Dann ging es aber noch weiter…
12. Tag ‚Drake-Lake‘ und Einfahrt in den Südatlantik
13. Tag Stanley auf den Falkland Islands
14. Tag Sanders Island (Falklands)
15. Tag New Island (Falklands)
Und die Falklands sind auch sehr reizvoll; viele Tiere in ihrer natürlichen Umgebung, dazu eine vielfältige Flora. Absolut empfehlenswert!
Die Rückreise
Von den Falklands ging es durch die Magellan-Straße Richtung Punto Arenas. Und dann hat uns dieses verruchte Virus namens ‚Corona‘ eingeholt. Obwohl wir alle absolut gesund sind (die Ansteckungsgefahr in der Antarktis ist eher gering…), dürfen wir bisher das chilenische Festland nicht betreten respektive unsere Heimreise noch nicht
antreten. Wir liegen aktuell noch vor Punto Arenas vor Anker. Das ist natürlich sehr ärgerlich! Aber auch hier agiert das Team von ‚Hurtigrouten‘ sehr professionell, indem es alle Hebel in Bewegung setzt, um uns nach D zu bekommen. Dazu ‚müssen‘ wir eine weitere Nacht auf diesem wunderbaren Schiffverbringen, und sie tun alles, um uns die Wartezeit an Bord so angenehm wie möglich zu gestalten.
Alles in allem war die Reise ein Traum. Ich bin mir sehr bewusst geworden, wie wichtig es ist, diese einmalige Region zu erhalten. Man sieht deutlich die Folgen des Klimawandels; das Schelfeis schmilzt, ebenso die Gletscher Patagoniens. Dazu kommt die fischwirtschaftliche Ausbeutung des Gebietes, welches das fragile Ökosystem extrem belastet.
Umso froher macht es mich, dass ich das alles nochmal sehen konnte.
Ich möchte meinen Bericht mit einem Ausspruch (von wem auch immer…) beenden:
„Wer sagt, er kennt die Antarktis, der war niemals dort gewesen.“
PS: Freue mich auf eure Frage und Bemerkungen.