Prolog
Es kam, wie es kommen musste. Auch nach meiner zweiten Tour dauerte es nicht allzu lange, bis ich wieder anfing, den Katalog auswendig zu lernen, mir also Gedanken über eine weitere Tour zu machen. Doch bevor meine Überlegungen ausgereift waren, wurde bekannt, dass HR in Portugal die Atlantida gekauft hat und diese zu einem weiteren Expeditionsschiff umbauen wird.
Die Größe des Schiffs fand ich von Anfang an reizvoll und auch die Entwürfe für die Innengestaltung gefielen mir auf Anhieb. Als dann auch noch bekannt wurde, dass das „neue“ Schiff im Sommer 2016 mit einem etwas abweichenden Fahrplan entlang der norwegischen Küste eingesetzt wird, war für mich klar, dass die nächste Tour an Bord der Spitsbergen (so der neue Name des umgebauten Schiffs) stattfinden soll… Also habe ich, direkt nachdem diese ersten Touren buchbar wurden, mit HR telefoniert und für die Tour am 30. Mai 2016 eine Einzelkabine gebucht. Beim Reisetermin habe ich mich bewusst nicht für die „Jungfernfahrt“ am 8. Mai entschieden, da ich durchaus mit Verzögerungen beim Umbau rechnete und mir das Risiko für den Ausfall der ersten Tour einfach zu hoch war. Für die gebuchte dritte Tour erschien mir das Risiko dagegen überschaubar. So weit, so gut …
Natürlich verfolgte ich den folgenden Monaten den Umbau der Spitsbergen so gut es ging, Bilder und Informationen gab es ja nur sporadisch. Reichlich „geschockt“ haben mich dann Bilder vom 22. April 2016 (also nur 6 Wochen vor meiner Tour), die vom umgebauten Heck nicht viel mehr als einen Rohbau zeigten… HR teilte mir aber auf eine entsprechende Nachfrage mit, dass es keine Anhaltspunkte für Verzögerungen gebe, so dass ich davon ausgehen könne, dass meine Tour wie geplant stattfinden werde.
Anfang Mai kamen dann auch die Reiseunterlagen und neuere Bilder von der Spitsbergen zeigten innerhalb kurzer Zeit beachtliche Fortschritte. Also war ich nun wieder etwas zuversichtlicher, dass es mit meiner Tour doch noch klappen könnte, auch wenn die ersten beiden Touren zwischenzeitlich abgesagt worden waren. Und irgendwie freute ich mich nun auf die nicht gebuchte „Jungfernfahrt“.
Doch 10 Tage vor der Reise flatterte dann die Absage meiner Tour ins Haus. Die Enttäuschung war aber recht schnell verarbeitet und nun hieß es also, eine Alternative zu finden. Da mein Urlaub genehmigt war und ich noch etwas Luft für eine Verschiebung um einige Tage gehabt hätte, wäre auch eine der folgenden Abfahrten in Frage gekommen. Doch nur am 02.06. wäre noch eine Kabine an Bord der Nordkapp frei gewesen. Zwar hätte mich die umgebaute Nordkapp auch gereizt, doch die verfügbare Kabine war nicht das, was ich mir vorgestellt hatte, denn diese lag auf Deck 2 (L3-221) und dann noch in unmittelbarer Nähe des Fracht-/Fahrzeugaufzugs.
Also weiter suchen … Nun wollte ich ohnehin mal den norwegischen Nationalfeiertag erleben, so dass der passende Reisezeitraum recht schnell gefunden war. Als mir HR dann zu den durchaus nicht schlechten Umbuchungskonditionen auch noch eine für mich passende Kabine (J3-718) an Bord der Trollfjord anbot, war die Entscheidung schnell gefallen und so wurde aus der „Sondertour“ auf der kleinen Spitsbergen mit einem knappen Jahr Verzögerung eine zweite Tour auf der großen Trollfjord.
Natürlich mussten auch dieses Jahr wieder die Bergenbahn und nach Tourende eine zusätzliche Übernachtung in Bergen mit in’s Programm.
Da auch dieser Reisebericht wieder recht umfangreich ausgefallen ist, werde ich die einzelnen Reisetage nach und nach einstellen. Ob ich's durchhalte, täglich einen Reisetag einzustellen, kann ich aber noch nicht absehen.
Sonntag, 14.05.2017
Heute war frühes Aufstehen angesagt, bereits um 4:30 Uhr klingelte der Wecker, also noch eine 1/2 Stunde früher, als bei mir an normalen Werktagen. Nur kurz ins Bad, die Hunde verabschiedet und dann bringt mich meine bessere Hälfte zum Flughafen Stuttgart. Es ist keinerlei Verkehr, so dass wir schon kurz nach 5:30 Uhr da sind. Wir verabschieden uns kurz, dann gehts für mich ins Terminal. Das Wetter ist durchwachsen, aber es ist trocken und ab und zu schaut sogar mal kurz die Sonne durch.
Ich hatte bereits am Vortag online eingecheckt, so dass ich nur noch den Koffer aufgeben muss. Automaten hat SAS hierfür in Stuttgart noch nicht und der Schalter von SAS ist noch geschlossen. Doch nach ein paar Minuten öffnet der Schalter. Es ist noch kaum was los, so dass der Koffer schnell aufgegeben ist und auch an der Sicherheitskontrolle ist es noch sehr ruhig. Die Wartezeit wird im Terminal 2 mit einer Minute angegeben... Was will man mehr.
Nun heißt es auf den Abflug zu warten, es ist erst 6:10 Uhr, der Abflug nach Kopenhagen ist dann um 7:45 Uhr.
Nachdem ich mir Zuhause keine Zeit für ein Frühstück genommen habe, gibt's noch eine Butterbrezel und eine 0,5 l Flasche stilles Wasser. Zusammen 6,30 Euro! Bin ich schon in Norwegen?
Das Boarding beginnt pünktlich um 7:15 Uhr und aufgrund der relativ kleinen Maschine ist dieses auch schnell abgeschlossen. Die Maschine ist gut besetzt, aber nicht ganz voll und so bleibt auch der Platz neben mir frei. In der doch recht engen Maschine (Canadair CRJ 900 -> 2 + 2 Bestuhlung) ist das sehr angenehm. Pünktlich um 7:45 Uhr geht's dann auf die erste Etappe nach Kopenhagen. Der Flug verläuft absolut ruhig. Schade ist, dass es relativ stark bewölkt ist und man fast auf dem ganzen Flug nur weiße Watte zu sehen bekommt. Erst kurz vor der Ostseeküste tun sich etwas größere Wolkenlücken auf und je weiter wir Richtung Dänemark kommen, umso klarer wird es, in Kopenhagen sind nur noch ein paar verirrte Wölkchen am Himmel zu sehen.
Nun heißt es wieder warten, bis zum Weiterflug habe ich etwa 2 1/2 Stunden Aufenthalt. Im Transfercenter finde ich ein ruhiges Plätzchen. Man sitzt unter einem Glasdach, umgeben von kleineren Bäumen in Pflanzkübeln.
Der Weiterflug nach Oslo hat gut 20 min Verspätung, verläuft aber auch völlig ruhig. Leider hat Kopenhagen das gute Wetter für sich reserviert, je weiter wir nach Norden kommen, desto dicker wird die Wolkendecke und der letzte freie Blick nach unten bietet sich an der Nordküste Dänemarks. Als wir mit immer noch 20 min Verspätung in Gardermoen landen, ist es grau in grau und es regnet sogar.
Am Gepäckband muss ich dieses Mal nicht allzu lange warten, mein Koffer kommt bereits mit den ersten Gepäckstücken.
Den Flybussen, der im Anreisepaket enthalten ist, sehe ich auch dieses Mal gerade noch von hinten und der nächste fährt sonntags erst 30 Minuten später. Also entscheide ich mich für den Flytoget ... Kreditkarte durch das Lesegerät, Zielbahnhof auswählen und fertig ... Und nach 3 Minuten kommt auch schon der Zug. Der Spaß ist mit umgerechnet 19,34 Euro (lt. Kreditkartenabrechnung) zwar nicht ganz billig, aber unter Berücksichtigung der Warte- und der längeren Fahrzeit des Busses bin ich mit ihm schon fast eine Stunde früher in Oslo... Das ist’s mir wert.
In Oslo ist's zwar auch grau in grau, aber wenigstens regnet es nicht mehr. Ich gehe die paar Meter bis zum Hotel in der Karl Johan Gate. Schnell eingecheckt und die Sachen auf's Zimmer gebracht. Das Hotel ist stylisch und so weit ok, kommt aber an das Clarion Christiania, in dem ich bislang immer untergebracht war, überhaupt nicht ran. Das Zimmer ist ziemlich klein und das Bad winzig... Für mich als Einzelreisenden und für eine Nacht reicht das Zimmer auf jeden Fall aus, doch es ist ein Doppelzimmer, da wird's dann schon etwas eng ... Immerhin scheint das Bett gut zu sein und das ist für mich eigentlich das Wichtigste.
Anschließend geht's in die Stadt. Die Karl Johan Gate entlang bis zum Schloss. Obwohl ich dieses Mal etwa 14 Tage später dran bin, als 2015, ist die Vegetation etwa auf dem gleichen Stand wie damals. Der Flieder vor dem Stortinget wird erst in den nächsten Tagen aufplatzen,
die Kirschbäume am Nationaltheater stehen auch erst in Blüte und die Tulpen in den Grünanlagen öffnen gerade erst Ihre Blüten.
Spontan beschließe ich, das Viertel hinter dem Schloss zu erkunden.
Wie ich schnell feststelle, keine schlechte Entscheidung. Das Viertel ist sehr reizvoll. Schöne Villen und sehr schöne Straßenzüge mit Häusern aus der in Deutschland als Gründerzeit bezeichneten Epoche.
Der ebenfalls völlig ungeplante Rückweg führt mich dann zufällig direkt nach Aker Brygge. Der Kontrast zwischen dem vorher Gesehenen und diesem neuen Stadtviertel ist sehr beeindruckend.
Am Rande von Aker Brygge entdecke ich an der Wand einer Lagerhalle ein großes und in seiner Aussage ziemlich verstörendes Wandgemälde, das ich eingehend betrachte und das mich auch ziemlch beschäftigt. Die Gedanken jagen nur so durch den Kopf ...
Auch als ich meine Erkundungen dieses vielgestaltigen aber doch etwas seelenlosen Stadtviertels fortsetze, denke ich noch über dieses Bild nach und warum es der Künstler wohl gerade an diese Wand, an der Schnittstelle zwischen alten, etwas im Niedergang befindlichen Hafenstrukturen und dem in den letzten Jahren völlig neu entstandenen "Livestyle-Viertel" gemalt hat.
Irgendwann bin ich wieder beim Rathaus und natürlich möchte ich mir auch dieses Mal wieder die Gegend rund um die Oper anschauen. Auf dem Weg dort hin gibt's - wie vor zwei Jahren - mal wieder 'nen Besuch beim Burger König. Ein Big-King-XXL-Menü mit einem Eimer (0,6 l) Coke Zero ist zwar immer noch keine besonders gesunde Ernährung aber zur Abwechslung auch mal wieder lecker und selbst in Oslo bezahlbar.
Durch die Fußgängerzone und die Østbanehallen
gelange ich dann zur Oper. Nahezu unglaublich, was sich hier in den letzten beiden Jahren verändert hat. Von den ganzen Freiflächen vor der Oper ist so gut wie nichts mehr zu sehen. Der Rohbau der neuen Bibliothek wächst in den Himmel, der Rohbau des neuen Munch-Museums ist fast fertig und auch sonst intensive Bautätigkeit. Ein Kran steht neben dem Nächsten. Auch müssen sich die Freunde des Thon Opera jetzt damit abfinden, dass die Oper vom Hotel aus nicht mehr zu sehen ist.
Und gegenüber der Oper hat eine wohl alternative schwimmende Sauna festgemacht, die auch eifrig genutzt wird. Das Gefährt und die ganze Szenerie stehen in totalem Kontrast zur schicken neuen Großstadtwelt rundum…
Zum Abschluss des Tages möchte ich dann eigentlich noch einen Abstecher nach Grünerløkka machen, Asle Becks gleichnamiger Titel hat mich dazu inspiriert, doch so langsam melden sich die Füße und als es auch noch leicht anfängt zu nieseln, entscheide ich mich, ins Hotel zu gehen. Der Tag war lang und morgen muss ich ja auch wieder einigermaßen zeitig raus, um noch gemütlich frühstücken zu können, bevor ich auschecken und zum Bahnhof muss.