Sonntag, 5. Juni 2016 – Tag 26
Abwechslungsreicher Wandertag im Nationalpark
Auch heute sind wir wieder früh wach. Gegen 7:30 Uhr gehen wir zum Frühstück. Als wir das Buffet sehen, sind wir sehr froh, am Vorabend hier nicht zum Essen geblieben zu sein . Es gibt 2 Brotsorten, jeweils 2 Sorten Käse und Wurst (wobei die Scheiben in mehrere Stücke geschnitten sind), 2 Sorten Marmelade und etwas Müsli . Immerhin ist der Kaffee frisch aus der Maschine . Dafür gibt es den Orangensaft aus dem 1-Liter-Tetrapak – aber der wird nur alle 10 Minuten erneuert, bis es nach dem 3. Nachfüllen keinen Nachschub mehr gibt . Die Tischsets sehen auch so aus, als ob sie eher einmal wöchentlich als einmal täglich gewechselt werden – empfehlenswert sieht anders aus . Hier merken wir sofort, dass dieses Hotel praktisch alternativlos ist, wenn man nicht mit Zelt oder Wohnmobil unterwegs ist.
Wir lassen uns davon aber trotzdem die gute Laune nicht verderben, auch wenn sich der Himmel heute von seiner weißen Seite zeigt – der schwache Ostwind hat über Nacht eine tief hängende Wolkendecke über das Land gebreitet.
Viel mehr Sorge bereitet uns allerdings, dass sich bonimali wohl am Vorabend eine leichte Blasenentzündung zugezogen hat – an Wandern ist da nicht wirklich zu denken. bonimali besteht aber darauf, dass ich alleine Wandern gehe, schließlich könne ich ihr nicht helfen. Außerdem sehe die Planung eh vor, dass wir erst eine gemeinsame kleine Wanderung unternehmen und ich anschließend noch eine größere, dann fällt halt nur die kleine aus .
So fahre ich schließlich gegen 8:40 Uhr los und bin um 9 Uhr im Visitor Center des Skaftafell Nationalparks.
Ich erkundige mich sicherheitshalber bei einem Ranger, ob die von mir im Vorfeld ins Auge gefasste Umrundung der Skaftafellsheiði irgendwelche besonderen Schwierigkeiten aufweist. Dabei erfahre ich, dass dieses Gebiet noch wegen der Schneeschmelze gesperrt ist . Also muss ich kurzfristig umplanen. Da ich mir im Vorfeld auch die Beschreibungen der anderen Wege im Nationalpark angeschaut habe, ist das auch schnell geschehen. Die endgültige Planung geschieht dann sozusagen „by the way“.
Da noch nicht die Touristenmassen unterwegs sind, begebe ich mich erst einmal auf den Weg, den hier jeder gehen will. Nach gut 20 Minuten stehe ich am ersten Wasserfall, dem Hundafoss.
Ich blicke dem Bæjargil hinterher, wie er hinter der nächsten Kurve verschwindet und sehe in der Ferne den Morsá durch den Skeiðarársandur mäandern. Am Horizont kann ich so gerade noch das knapp 30 Kilometer entfernte Meer ahnen.
Nach weiteren knapp 20 Minuten erreiche ich den bekanntesten Wasserfall des Nationalparks, den Svartifoss, der sich über Basaltsäulenklippen rund 20 Meter in die Tiefe stürzt . Ich habe das Glück, ihn fast 10 Minuten alleine genießen zu können , bevor sich die Plattform innerhalb von 5 Minuten so sehr füllt, dass ich mich kaum noch bewegen kann; an fotografieren ist schon gar nicht mehr zu denken.
Ich laufe weiter nach Westen zum Aussichtspunkt Sjónarsker. Leider sieht man hier heute nicht sehr viel; nur die Absperrung für meinen ursprünglich geplanten Wanderweg ist eindeutig zu erkennen (was aber trotzdem den einen oder anderen nicht hindert, selbige geflissentlich zu übersehen ).
Ich wende mich nach Norden und laufe über die Vesturheiði bis zum Grjóthóll. Unterwegs sehe ich ein Schneehuhn direkt am Wegesrand sitzen, viele andere Vögel sind eher zu hören als zu sehen.
Kurz bevor sich der Weg nach unten zum Skeiðarársandur hin senkt (der hier eine scharfe Grenze zum Morsárdalur bildet ), habe ich einen schönen Blick auf die Brücke über den Morsá, über die der Wanderweg weiter bis zum knapp 1.200 Meter hohen Skaftafellsfjöll führt. Leider hängen die Wolken bei rund 700 Meter Höhe, so dass sich mir leider nicht das volle Panorama bietet.
Ich gehe den gleichen Weg zurück, halte mich aber nun unterhalb des Aussichtspunkts direkt auf den Hundafoss zu. Unterwegs setzt sich noch einer der schönsten (und lautesten) Sänger in Positur.
Ein paar Minuten später biege ich nach links ab. Immer oberhalb des Eystragil führt der Weg hinauf in die Austurheiði. Hier bieten sich immer wieder schöne Blicke durch die Wolkenlücken auf die dahinter liegenden Berge.
Bald darauf erreiche ich den Aussichtspunkt Sjónarnípa. Von hier bietet sich eine grandiose Aussicht über den Skaftafellsjökull . Ich habe Glück, dass sich ganz kurz noch der Skarðatindur zeigt, bevor er sich (genau so wie das gegenüberliegende Hafrafell) in Wolken hüllt.
Von hier aus sehe ich auch, dass mein geplanter Wanderweg teilweise durch die Wolken führt. Ich glaube, ich habe alles, was der Nationalpark bei diesem Wetter zu bieten hat, genießen können – was will man mehr ? Eine Mittagspause natürlich, die ich jetzt erst einmal einlege.
Anschließend gehe ich noch ein Stück weiter (und runter) zur Abbruchkante. Hier, rund 200 Meter oberhalb des Gletschers, habe ich noch einmal eine tolle Sicht auf selbigen.
Nach Südosten hin habe ich einen schönen Blick auf die kleinen Lagunen des Skaftafellsjökull, von denen aus sich der Skaftafellsá mäandernd durch den Skeiðarársandur gen Meer begibt. Linkerhand ist noch die Mündung des Svínafellsjökull zu sehen.
Der Weg führt nun noch eine gute Stunde lang immer oberhalb des Sandur zurück zum Parkplatz, den ich nach insgesamt 6 Stunden erreiche. Nun noch einen Schluck trinken, und schon mache ich mich auf den Weg zurück zum Hotel. Im Rückblick bin ich ganz froh über das Wetter, denn bei mehr als den 11°C von heute wäre ich sicherlich nicht wieder so schnell zurück gewesen.
Bei der Rückfahrt muss ich an einer einspurigen Brücke halten und lasse meinen Blick in die Umgebung schweifen. Ich traue meinen Augen nicht, aber dort weiden tatsächlich einige Schafe mitten in den Lupinenfeldern.
Ich habe den Wagen ganz nach rechts an die Böschung gestellt, so dass er auch die wartepflichtigen Fahrzeuge an der Brücke nicht behindert. Auch wenn ich hier das einzige Fahrzeug abstelle, will ich ja schließlich nicht den ganzen Verkehr aufhalten . Als ich nach ein paar Minuten wieder zurück komme, ist die Straße allerdings nur noch einspurig . Jetzt stehen ungefähr 20 Fahrzeuge kreuz und quer an beiden Straßenseiten – ein Bus oder Lkw käme schon gar nicht mehr durch. Ich kann jedenfalls so gerade noch ausparken und fahre nun endgültig durch zum Hotel.
bonimali geht es inzwischen deutlich besser, und so fahren wir nun gemeinsam zum Nationalparkzentrum. Der Wanderweg zum Svartifoss ist ihr heute auf jeden Fall zu anstrengend, so laufen wir unterhalb des Waldes über den Campingplatz. Auf dem Rückweg nehmen wir an dem dortigen Imbisswagen ein frühes, aber leckeres Abendessen, bestehend aus Spare Ribs, zu uns.
Auf dem Rückweg machen wir noch einen Abstecher zu einem Geheimtipp, der Lagune des Svinafellsjökull . Nur ein paar Schritte vom Parkplatz, und wir stehen direkt am See und keine zwei Minuten später sind wir direkt oberhalb des Gletschers.
Wir folgen dem Weg noch ein paar Schritte, bis es ohne Hinzunahme der Hände nicht mehr weiter geht. Der Weg geht noch weiter, immer oberhalb des Gletschers, aber ich habe heute schon genug alleine unternommen. So gehen wir zurück zum Parkplatz und erreichen gegen 19 Uhr nach 85 Tageskilometern wieder unser Hotel.