Hurtigruten 2020 - oder Aus die Maus!?

  • Der Jahreswechsel 2019-20 wird in Hinblick auf Hurtigruten spannend - und so langsam nimmt auch in Norwegen die Debatte über die Zukunft von Hurtigruten - oder genauer gesagt der Passagierlinie Bergen-Kirkenes-Bergen und der Frachtlinie Tromsø-Kirkenes-Tromsø, das sind die subventionierten Streckenabschnitte und Geschäftsfelder, Fahrt auf.


    Was ist bisher in Richtung neuer Staatsvertrag geschehen?


    Nichts.


    Hätte schon etwas geschehen müssen, um einen weiteren Betrieb der beiden Linien im bisherigen Umfang sicherzustellen?


    Eigentlich ja!


    Allerdings ist die Situation durch den Verkauf der Reederei Hurtigruten an Silk Bidco eine gänzlich andere, als im Vorfeld der aktuellen Vertragsrunde, bei der nur Hurtigruten ein Angebot vorgelegt hat und damit auch das Problem, dass die Reederei seit der Fusion das Markenrecht am Namen "Hurtigruten" besitzt, nicht zum Tragen kam. Für die Verhandlungen über einen neuen Staatsvertrag wird ein Zeitraum von bis zu drei Jahren angenommen, doch bislang ist nichts passiert.


    Weder hat der Staat in Gestalt des Verkehrsministeriums zur Abgabe von Angeboten aufgefordert, noch hat sich Hurtigruten in irgendeiner Form geäußert, ob man überhaupt Interesse an einem neuen Staatsvertrag habe oder nicht.


    In Bezug auf Hurtigruten, also die Reederei, wird ein Interesse an einer Fortsetzung eher angezweifelt. Die im Umfeld des Verkaufs an Silk Bidco auch im Forum bereits geäußerten Bedenken sprechen ebenso dagegen, wie auch das Anpassen der Schiffe an den Zeitgeschmack bzw. den Erwerb der ATLANTIDA mit klarer Perspektive auf den Markt der Expeditionskreuzfahrten. In dem verlinkten Artikel wird das zugespitzt formuliert, dass die ausländischen Eigentümer - auch mit dem Ziel des lukrativen Weiterverkaufs der Marke Hurtigruten - mit einer der norwegischten Norwegensien, die Staat, Reedereien und Küstengemeinden geschaffen hätten, von der Küste wegfahren wollten, quasi (meine Fortschreibung /B.) unter dem Banner des Mammon. Auf der Strecke blieben dabei besonders die kleinen Küstengemeinden (gerade des Nordens), die bis auf den Tag vor allem im Winterhalbjahr auf eine zuverlässige Güter- und Verkehrsanbindung angewiesen sind und schon länger über die Zunahme der Anlaufausfälle und Unpünktlichkeit klagen.


    Doch hat Hurtigruten wirklich kein Interesse am Liniendienst?


    Nun, eine zufriedenstellende Antwort darauf wird eventuell Daniel Skjeldam geben können, der sich bislang aber noch nicht zu 2020 geäußert hat - jedenfalls nicht öffentlich. Es könnte aber Strategie hinter der Zurückhaltung der Reederei gegenüber dem Staat und auch der Öffentlichkeit stecken, denn je später über einen neuen Staatsvertrag geredet wird, desto stärker dürfte die Position von Hurtigruten werden, da die Reederei aktuell als einzige über die entsprechenden Schiffe verfügt. So entstünde ein nicht zu unterschätzender Einfluss auf die Ausgestaltung eines Vertrags und der mit ihm verbundenen Fesseln für Hurtigruten. Gleichzeitig scheint es mit verstreichender Zeit auch immer unwahrscheinlicher, dass es Konkurrenzangebote geben dürfte...


    Und warum hält der Staat still?


    Man sollte doch eigentlich meinen, dass der Staat im Interesse der Infrastruktur gerade in Nordnorwegen ein Interesse an einem reibungslosen Übergang zwischen 2019 mit Hurtigruten und 2020 mit wem oder was auch immer haben sollte. Doch das Verkehrsministerium soll nach Aussagen von Insidern noch keinerlei Vorbereitungen in Hinblick auf 2020 getroffen haben. Ein Grund dafür dürfte wohl sein, dass Norwegen seitens der EFTA-Organe dafür kritisiert wird, mit Hurtigruten die Bereiche Personen- und Gütertransport zu subventionieren, was ebenso gegen die EFTA-Regularien verstößt, wie Beihilfen für Häfen oder den Bau bzw. Erwerb von Schiffen. Oslo findet sich also in einer Zwickmühle zwischen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Forderungen und Realitäten, die kaum miteinander in Einklang zu bringen sind...


    Wenn, so der Verfasser des eingangs verlinkten Artikels, jetzt nichts geschehe, um die Angebotsrunde für einen neuen Staatsvertrag in die Wege zu leiten, dann könne es schnell zu spät sein und die aktuelle Diskussion um den Facelift von vier Schiffen wie ein Sturm im Wasserglas erscheinen... Dafür sei aber einerseits notwendig, dass der Staat zu Angeboten auffordere und seine Vorstellungen auf den Tisch lege und sich andererseits Hurtigruten insichtlich ihrer Zukunftsvorstellungen erkläre.

  • Der im ersten Post behandelte Standpunkt von Steinar Sæterdal, der von 1987-2005 an zentraler Stelle für OVDS bzw. Hurtigruten ASA tätig war, danach für die Verkehrspolitik im fylke Nordland verantwortlich war und seitdem als freischaffender Berater tätig ist, hat inzwischen Reaktionen hervorgerufen: So könnte die Zukunft der Küstenlinie Bergen-Kirkenes-Bergen bzw. der Frachroute Tromsø-Kirkenes-Tromsø nach Einschätzung im kommenden Jahr durchaus zum Wahlkampfthema in Norwegen werden, wobei sich erste Positionierungen zumindest erahnen lassen.


    So äußerte sich Helge Orten, der für die Regierungspartei Høyre im Transport- und Kommunikationskomitee von Stortinget sitzt, dahingehend, dass Sætres Kritik nicht unbegründet sei, insbesondere was die Notwendigkeit eines frühzeitigen Beginns des Angebotsverfahrens betrifft, da nur wirkliche Konkurrenzangebote möglich seien. Diese seien, so der aus Midsund stammende Orten, auch nötig, da der englische Hurtigruten-Eigentümer auffallend stark an touristischen Angeboten interessiert sei, er selber aber aus seiner Heimatperspektive durchaus eine Notwendigkeit und damit eine Zukunft für die Küstenverbindung sehe. Er habe aus den Reihen der Regierungsparteien bislang auch noch keine Stimmen für grundlegende Änderungen am bisherigen Zustand gehört. Dennoch wolle er sich einmal vorsichtig im Verkehrsministerium nach dem Stand der Dinge in Sachen Küstenrouten-Staatsvertrag erkundigen.


    Ortens aus Nordland stammender Komiteekollege Kjell-Idar Juvik von der oppositionellen Arbeiderparti betonte ebenfalls die Wichtigkeit, das Angebot der Küstenlinie im bisherigen Rahmen aufrechtzuerhalten, betonte aber, dass er bei der derzeitigen Regierung kein ernsthaftes Interesse an einer Fortführung des Angebots erkennen könne. Seit dem Abschluss des letzten Staatsvertrags, der von der Ap-geführten Regierung Stoltenberg verhandelt worden sei, und heute liege durch den Verkauf der Reederei an eine lediglich der Wertschöpfung, nicht aber den Bedürfnissen kleiner Orte interessierten Investmentgesellschaft, eine andere Grundsituation vor. Er würde jedenfalls das Seine dazu tun, dass Hurtigruten im kommenden Jahr zum im Ap-Wahlprogramm verankerten Wahlkampfthema werde, so Juvik.


    Mit Janne Selmo Nordås hat sich zudem ein drittes Mitglied des Transport- und Kommunikationskomitees in Sachen Hurtigruten zu Wort gemeldet. Die der ebenfalls oppositionellen Senterparti angehörende Politikerin aus Nordland steht im Grundsatz auch hinter Hurtigruten, gibt jedoch zu bedenken, dass ein neuer Staatsvertrag nicht dem bisherigen entsprechen könne. Vieles hänge derzeit von dem bei der EFTA-Aufsichtsbehörde ESA anhängigen Verfahren gegen die Ausgestaltung von Hurtigruteavtale. Gerade jetzt sei es wichtig für die Regierung, ein überlegten Angebots- und Verhandlungsprozess einzuleiten, an dessen Ende ein Vertrag steht, bei dem der Staat wirklich nur für die Dienstleistungen zahle, die er tatsächlich auch erhalte. Es gelte also aufzupassen, dass eine fortschreitende Touristifizierung von Hurtigruten nicht die Grundlage für staatliche Unterstützungen untergrabe, und dieses würde sie gerne auch im Wahlkampf thematisieren, so Sjelmo Nordås


    Auch Hurtigruten hat sich inzwischen zu Wort gemeldet und durch Pressesprecherin Anne Marit Bjørnflaten verlautbaren lassen, Hurtigruten AS sei selbstverständlich stark an einer Fortsetzung des Küstenverkehrs interessiert. Zeitdruck sieht sie nicht und betont, dass ein neuer Staatsvertrag problemlos in einem Jahr ausverhandelt werden könne, und für den Fall dass dieses nicht gelinge, verweist sie auf die einjährige Verlängerungsoption im derzeitigen vertrag, sodass die Hurtigruten-Eigentümer derzeit keinen Handlungsbedarf sähen. Dennoch sei man selbstverständlich in ständigem Kontakt mit dem Verkehrsministerium sowie den angelaufenen Kommunen, für die man oft der einzige Lieferant für Kühlware sei. Auch sprächen die in letzter Zeit gestiegenen Zahlen der Distanzpassagiere gegen eine Aufgabe des Dienstes im bisherigen Umfang. Man sei sich dabei der übernommenen Verantwortung bewusst, so Bjørnflaten.


    Inzwischen hat sich auch der Vorsitzende des Storting-Transport- und Kommunikationskomitees, Nikolai Astrup von der Høyre, zu Wort gemeldet und betont, er sehe ebenfalls keinerlei Zeitdruck in Sachen Hurtigruten. Es reiche vollkommen aus, wenn 2019 ein solider Angebots- und Verhandlungsprozess initiiert werde. In dessen Verlauf dürfe es bezüglich der Häfen und vom Staat gekauften Dienstleistungen aber keine "Heiligen Kühe" geben, die Interessen der Lokalbevölkerung müssten aber berücksichtigt werden. In einem einjährigen Verfahren sehe er auch keine Diskriminierung anderer Interessenten als Hurtigruten, so Astrup, jeder der es wünsche, werde ein Angebot vorlegen dürfen, das berücksichtigt werde. Gleichzeitig unterstrich Astrup, dass die Reederei Hurtigruten heutzutage eine gute Dienstleistung zwischen Bergen und Kirkenes anbiete, und die Güte der Dienstleistungen müsse auch im kommenden Staatsvertrag das Maß aller Dinge sein.

  • Inzwischen hat sich der Staatssekretär im Verkehrsministerium, Amund Drønen Ringdal, in der Debatte um einen zukünftigen Staatsvertrag zum Betrieb der Küstenroute Bergen-Kirkenes-Bergen geäußert. Seinen Aussagen zufolge werde derzeit hausintern geprüft, ob auch zukünftig ein Bedarf nach diesem Dienst bestehe und falls ja in welchem Umfang. Es sei aber noch viel zu früh, um konkretere Aussagen treffen zu können, so der Politiker.


    In Nordnorwegen scheint jetzt so langsam die Angst umzugehen, verkehrstechnisch abgeschnitten werden zu können bzw. auf wenig umweltfreundliche Transport- und Verkehrsmittel wie das Flugzeug und das Auto angewiesen zu bleiben, zumal bislang alle Versuche gescheitert sind, die Eisenbahn über Fauske hinaus nach Norden auszubauen - und die Begründung für diese Verweigerung ist immer der Hinweis darauf gewesen, dass im Norden der Seeweg der logische Transport- und Verkehrsweg sei...

  • In einem Leitartikel hat auch Troms Folkebladet Stellung in der Staatsvertrag-Diskussion bezogen und sich im Kern hinter die Forderungen des ehemaligen Hurtigruten-Strategiedirektors Steinar Sæterdal gestellt. In einem entscheidenden Punkt geht das Blatt, für das die Notwendigkeit des regelmäßigen Schiffsverkehrs längs der Küste außer Frage steht, sogar noch weiter: Die Regeln bis hin zu Fahrplandetails (Häfen und Liegezeiten dortselbst) müsse der Staat bestimmen. Nur so könne ein offener Angebotsprozess erreicht werden, der in seinem Ergebnis den Interessen von Personenverkehr, Warentransport, Lokalpolitik, Handel, Kultur und Tourismus Rechnung trage und auch für andere Interessenten als Hurtigruten AS attraktiv sei.

  • Vor zwei Wochen hat Janne Selmo Nordås eine schriftliche Anfrage an Verkehrsminister Ketil Solvik-Olsen gerichtet, in der sie um Auskunft darüber bat, ob staatlicherseits bereits Vorbereitungen für die Ausschreibung- und Vergaberunde für einen neuen Küstenrouten-Staatsvertrag liefen und ob die Regierung an dem bisherigen Fahrplanumfang festhalten wolle.


    Heute ist die Antwort des Ministers veröffentlicht worden: Bezüglich des Zeitrahmens verwies der Solvik-Olsen auf das dem Staat zustehende einjährige Verlängerungsrecht des bestehenden Staatsvertrags mit Hurtigruten. Mit Hinblick auf die anstehende Ausschreibungsrunde seien ministeriumsintern bereits Vorarbeiten angelaufen, über Art und Umfang der Küstenroute sei aber noch keine Entscheidung getroffen worden und man werde sich zu gegebener Zeit äußern.

  • Wenn es nach Per Sævik geht, dann sind die Tage von Hurtigruten AS als Monopolreederei auf der Küstenroute Bergen - Kirkenes - Bergen gezählt. Der Selfmade-Unternehmer begann im Alter von 16 Jahren als Fischer, wurde als Mitgründer von Havila Shipping Miteigner von mehr als 25 Offshore-Versorgungsschiffen in Norwegen und im Ausland und ist über eine Kommanditgesellschaft Miteigner der von Hurtigruten verkauften RICHARD WITH. Derzeit ist er mit seinem Vorhaben, die zum Verkauf stehende Fährreederei Fjord1 zu übernehmen, regelmäßig in der (Fach-) Presse vertreten. Zeitweilig war er auch Stortingsmann für die Christliche Volkspartei KrF. Insofern ist seine Forderung, einen neuen Staatsvertrag auf mehrere Reedereien aufzuteilen, durchaus als fundiert anzusehen. So neu ist die Idee ja auch gar nicht, sondern es wäre ein back to the roots, denn Hurtigruten ist ja aus einer Fahrplangemeinschaft mehrerer Reedereien hervorgegangen (vgl. hierzu die Darstellung der Geschichte von Hurtigruten in unserem Wiki). Er sei sich sicher, so Sævik, dass das Verkehrsministerium im Vorfeld der für nächstes Jahr angekündigten Angebotsperiode offen für kreative Vorschläge sei. Eine ganz konkrete Idee hat der 75-jährige Großreeder auch schon ventiliert: Er fände eine Mehrfachfahrkarte, wie sie sonst im öffentlichen Nahverkehr üblich ist, auch für Kystruten für überlegenswert.


    Im Erfolgsfall für Sævik könnte es also neben Tromsø wieder mehrere Heimathäfen an den Hecks der Kystruten-Schiffe geben, nämlich Ålesund und/oder Fosnavåg. Es könnte, wenn man weiteren Gerüchten Glauben schenkt, aber auch Stokmarknes wieder zu einem Heimathafen auf Kystruten werden - oder Brønnøysund. Diesen Gerüchten zufolge ist Norwegens größte Verkehrsgesellschaft, Torghatten ASA, durchaus nicht abgeneigt, ein Angebot für Kystruten vorzulegen, wenn das Verkehrsministerium die Angebotsrunde einläutet. Allerdings bremst Torghatten-Konzernchef Brynjar Forbergskog, der sich bereits mehrfach kritisch zum Zustandekommen des jetzigen Staatsvertrags geäußert hat, und wies darauf hin, dass man für einen Fahrplan im derzeitigen Umfang 11-12 geeignete Schiffe benötige, die man derzeit nicht habe.


    Ein Angebot von Torghatten ASA wäre übrigens auch eine Art back to the roots, denn die Reederei hat nach der Fusion von TFDS und OVDS zur Hurtigruten ASA den Großteil der vorher von den Einzelreedereien und dann zeitweilig von Hurtigruten betriebenen Fjordfähren übernommen und in die Tochtergesellschaft Torghatten Nord ausgelagert.


    Aus dem Verkehrsministerium ließ Staatssekretär Tom Christer Nilsen verlautbaren, die Vorschläge, insbesondere der zu einer Aufteilung des Staatsvertrags auf mehrere Reedereien, seien kreativ, es sei aber noch zu früh, um im Einzelnen zu ihnen Stellung zu beziehen.


    Man sieht: Es bleibt spannend...

  • Hört sich ja alles sehr sehr spannend an, ist nur die Frage ob Hurtigruten dann mit macht oder komplett austeigt und den Linien Dienst einstellt. Spannend ist dann ja auch zu wissen ob es Durchgängige Schiffe gibt die von Bergen nach Kirkenes und zurück fahren, sprich zu wie es Hurtigruten macht und was für Schiffe es dann sein werden die Hurtigruten Schiffe oder komplett andere :D

  • Zu dem von mir verlinkten Artikel:
    Hintergrund ist eine Diskussionssendung auf NRK (die außerhalb Norwegens offenbar nicht angesehen werden kann). Einer der Teilnehmer, Dagfinn Olsen, Politiker der Fortschrittspartei in Nordland, äußert sich hier im Interview kritisch zum aktuellen Staatsvertrag. Unter anderem im Anbetracht des aktuellen Niedergangs der Frachtraten (Einbruch der Frachtraten) stünde die Frage im Raum, ob es Sinn mache, Hurtigruten für den Transport von Fracht zu subventionieren oder ob die Rolle von Hurtigruten nicht eher die einer reinen Touristenattraktion sein sollte. Die Diskussion sei aber unbequem, da es sich um eine wichtige kulturelle Institution an der Küste handele...

  • Nach dem für die Subventionierung der Küstenroute Bergen - Kirkenes - Bergen positiv ausgefallenen EFTA-Urteil dürfte grundsätzlich der Ausschreibung einer neuen Staatsvertragsperiode kaum noch etwas im Wege stehen, das zuständige Verkehrsministerium arbeitet bereits an den Ausschreibungspapieren und setzt dabei nach eigenen Aussagen auf eine Fortsetzung des bestehenden Fahrtmusters. Nun bekommt die Diskussion um die Zukunft dessen, was seitens der Regierung konsequent nicht mehr als Hurtigruten bezeichnet wird, da es sich dabei seit der Fusion um einen eingetragenen Marken- bzw. Firmennamen handelt, eine ganz neue Dimension, die Umwelt.


    Kürzlich haben das Konstruktionsbüro LMG Martin aus Bergen und der Gaskonzern Gasnor eine Konzeptstudie über kystruteskipet 2020 vorgestellt und gefordert, dass ein neuer Kystruten-Staatsvertrag vor dem Hintergrund der umfassenden norwegischen Klimaschutzziele auch klare Untergrenzen bezüglich der Schadstoffemissionen der Schiffe im Küsteneinsatz festschreiben solle. Das mag sicher nicht ganz uneigennützig sein, deckt sich aber mit den Forderungen, die staatlicherseits regelmäßig bei der Neuausschreibung von Fährverbindungen in Norwegen aufgestellt werden. Insofern ist das vorgestellte Projekt nicht ganz aus der Luft gegriffen, lotet aber den Bereich des heute machbaren aus, verbindet es mit als realistisch eingeschätzten Entwicklungen und stellt damit Hurtigrutens Umweltpläne weit in den Schatten - allein im Vergleich zu den Hybridantrieben der neuen "Expeditions"-Schiffe der ROALD AMUNDSEN-Klasse könnte so eine Emissionsreduktion von 60% erzielt werden :8o:


    Dabei handelt es sich um Schiffe, die

    • größenmäßig im Bereich der neuesten Generation (TROLLFJORD, MIDNATSOL, FINNMARKEN) liegen
    • zunächst einen Hybridantrieb aus reinen LNG-Motoren/Generatoren bekommen sollen, also keine "Dieselreserve" mehr aufweisen (wie z.B. die BERGENSFJORD und die STAVANGERFJORD von Fjord Line). Die landstrom-, aber auch generatorgespeisten Akkus an Bord sollen eine Speicherkapazität von 6 MWh aufweisen und damit nicht nur in Hafengebieten bzw. kürzeren Strecken reinen Elektrobetrieb (also ohne laufende Generatoren) ermöglichen, sondern auch für längere Strecke,, die Konstrukteure nennen als Beispiel dafür den Geirangerfjord, der in der Saison ja eine "Räucherkammer" ist. Auf jeden Fall sollen zunächst vier Stunden rein elektrischer Betrieb möglich sein. Eine LNG-Betankung soll für eine Rundreise Bergen - Kirkenes - Bergen reichen.
    • bereits eine Umrüstungsreserve auf Brennstoffzellenbetrieb enthalten, sodass diese noch effektivere Technik schnell nachgerüstet werden könnte. Allerdings ist diese Option eher mittelfristig zu sehen, wozu neben den schiffsbetriebstechnischen Vorschriften aber auch eine Wasserstoffversorgungsinfrastruktur geschaffen werden muss, da eine Betankung nicht für eine Rundreise reichen würde.
    • auch außerhalb der Antriebsanlage auf Energieeinsparung ausgelegt sind, z.B. durch strömungsgünstige Rumpfform, LED-Beleuchtung, belastungsgesteuerte Pumpen und Ventilatoren und umfangreiche Rückgewinnungsanlagen, z.B. die Ausnutzung der Abwärme von Kühlaggregaten usw.

    Mal sehen, was denn dann am Ende wirklich unter der Überschrift "Umwelt" in der Ausschreibung steht... Einen harten Übergang wird es wohl kaum geben, aber eine Phasierung könnte durchaus im Bereich des möglichen sein.

  • Danke für den sehr informativen Bericht. Der englische Wortlaut der Meldung der norwegischen Regierung besagt, dass der genaue Wortlaut dieser neuen Ausschreibung schon Mitte 2017 definiert sein soll. So hätte ein neuer Interessent / Anbieter genügend Zeit sich auf 2020 / 2021 vorzubereiten. Das heissst für mich, dass es sich dabei nicht um eine Proforma-Uebung handelt um dem Gesetz
    genüge zu tun, sondern die Regierung beabsichtigt potientielle Mitbieter ins Boot zu holen. Ich verknüpfe diese Ausschreibung auch mit dem allfälligem Börsengang von HURTIGRUTEN. Wie geht die norwegische Regierung damit um, wenn z.B. ein chinesischer Investor ein massgebender Aktionär sein würde. ?


    Welche potentiellen Anbieter sind vorhanden und können die 1 Flotte von 11 Schiffe stellen - ausgenommen von HURTIGRUTEN ?
    Es wird kaum ein Neu-Anbieter den Bau von 11 Schiffen in Auftrag geben ohne Erhalt der Lizenz der norwegischen Regierung. In 2-3
    Jahren 11 Schiffe zu organisieren ist ein sehr sportliches Ziel und mit immensen Investitionen verbunden. Ich glaube kaum, dass solche
    Investitionen getätigt werden, ohne eine Lizenz für mindestens 15 Jahren zu erhalten.


    Diese Konzeptstudie 2020 dieser 2 Parteien ist auch sehr sportlich Zu bedenken ist, dass es sich nicht um eine neutrale Studie handelt. Beteiligt ist ein Gaskonzern welcher selbstverständlich LNG verkaufen will. In Europa sind schon Bestrebungen im Gange,
    Schiffe auf Reede, am Kai im Hafen elektrisch zu versorgen um die Schiffsmotoren abstellen zu können. Das bedingt jedoch landseitige - und schiffseitige Investionen. Es wäre schon viel geholfen, wenn dies zustande kommt und sämtliche anlegenden Schiffe damit ausgerüstet werden. Wenn nun die norwegische Regierung solche technische Anforderungen definieren würde,
    müsste dies für alle Passagierschiffe gelten welche sich in norwegischen Gewässern befinden und / oder norwegische Häfen anlaufen.
    Beispiel: QUEEN MARY 2 welche auch in den Geirangerfjord läuft. Die Reederei würde eine Güterabwägung machen ob sich eine solche Investition lohnt. Wenn nicht würde sie sämtliche Reisen nach Norwegen gleich aus dem Fahrplan kippen.

  • Welche potentiellen Anbieter sind vorhanden und können die 1 Flotte von 11 Schiffe stellen - ausgenommen von HURTIGRUTEN ?


    Gegenfrage: Wer kann denn mit Sicherheit sagen, dass Hurtigruten AS alle Schiffe (von denen ihnen zwei ja auch gar nicht gehören) behalten will? Wenn der Konzern wirklich in Richtung Tourismus gehen will, wäre die Flotte doch ein Klotz am Bein. Zudem gibt es ja durchaus den Gedanken, dass wieder mehrere Reedereien eine Fahrplangemeinschaft bilden könnten und gemeinsam bieten (vgl. #8). Es stehen also fraglos spannende Zeiten ins Haus ;)


    dass der genaue Wortlaut dieser neuen Ausschreibung schon Mitte 2017 definiert sein soll


    Deshalb scharrt die Gemeinde ja auch schon ungeduldig mit den Füßen. Wobei es ja grundsätzlich die Möglichkeit gibt, die Verlängerungsoption bis einschließlich 2020 zu ziehen, dann wäre ein Jahr gewonnen...

  • Verkehrsminister Ketil Solvik-Olsen hat Medienvertretern gegenüber von einem großen Interesse potenzieller Bieter in der bevorstehenden Angebotsrunde für einen neuen kystruten-Staatsvertrag gesprochen, die eingeleitet werden soll, sobald Stortinget den nationalen Transportplan für 2018-2029 behandelt hat. Das Interesse ergibt sich aus dem für den Staat positiven Ausgang des ESA-Verfahrens gegen Norwegen wegen der Subventionierung des Liniendienstes Bergen - Kirkenes -Bergen und liegt nach Aussagen des Ministers auch im Interesse des Staates, der kein Interesse hat, mit einem konkurrenzlosen Anbieter zu verhandeln. Konkurrenz, so Solvik-Olsen, sei die Grundlage dafür, eine gute Dienstleistung zu einem vernünftigen Preis zu bekommen. Gleichzeitig unterstrich er, dass die Angebotsrunde nicht nur für norwegische, sondern auch für ausländische Bieter offenstehen werde.

  • Wenn es ein Unternehmen gäbe, das ab 2020 via Staatsvertrag ins Fahrwasser von HR ginge, würde dies auch, wie seinerzeit HR Gäste auf der gesamten Strecke mitnehmen?
    Ginge HR komplett in die Kreuzfahrt, bedeutete dies doch, dass sie kein Interesse am einstigen Kerngeschäft mehr hätten?
    Und HR als "reine Touristenattraktion", wie oben genannt, parallel zu einer kystrute wäre deplaziert.

  • Das hat nichts mit Interesse zu tun, das ist schlicht eine finanzielle Frage, und eine Frage was verlangt wird. So gab es ja schon bei den letzten Verhandlungen einen Mitbewerber, der aber die Vorgabe jeden Tag ein Schiff auf Strecke zu schicken nicht erfüllen konnte. Ich denke da wird schon abgeklärt - braucht es jeden Tag ein Schiff? Auf welcher Strecke? Wie sieht die Auslastung im Winter aus? Stellt man fest dass die Linie nur noch durch die Touristen funktioniert und Linienpassagiere und Fracht nicht mehr so genutzt wird - soll man dann vielleicht das Konzept ändern? Waren die Fahrt mit SPITSBERGEN am Anfang vielleicht ein Test - weniger Hafenanfahrten? Mehr auf Kreuzfahrt und vielleicht einfach 3x wöchentlich einen Frachter hoch schicken? Wie sieht es mit ausländischen Bewerbern mit dem Personal aus?

    Meine Fahrten: FINNMARKEN - NORDLYS - NORDNORGE - KONG HARALD - VESTERÅLEN - LOFOTEN (5X) - FRAM

    Reiseberichte siehe Profil !


  • Ich sehe die Gefahr das andere Anbieter mit ausgeflaggten Schiffen und damit auch mit billigerem Personal aus Asien oder Osteuropa antreten könnten. Dagegen hätte die aktuelle Reederei wohl keine Chance. :-/

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