Liebes Forum,
ich habe ja versprochen, dass ich hier einen Reisebericht abgebe, wenn der größte Stress vorbei ist. Nun beginnen heute in BW die Ferien, eine gute Gelegenheit, mein Versprechen einzulösen, denn jetzt sind wir schon über vier Wochen zurück und in 10 Tagen wollen wir nach Schweden aufbrechen. Deshalb geht es jetzt einfach los:
11.06.11
Pünktlich um 6:00 starten wir zu unserer großen Fahrt, es geht bei starkem Pfingstreiseverkehr auf der Autobahn nach Mannheim. Christian bringt uns ohne Probleme in 50 Minuten zum Hauptbahnhof und geleitet uns auch noch zum Bahnsteig.
Dann der erste Schreck bei der ersten Durchsage, aber sie betrifft glücklicherweise nicht unseren Zug. Es ist der Hamburger Zug: er kann leider wegen eines technischen Defektes nicht fahren. Also Glück gehabt?
Von wegen, die Auswirkungen spüren wir auch, denn alle Passagiere, die mit dem ausgefallenen Zug fahren wollten, scheinen jetzt in unserem Zug zu sitzen, er ist heillos überfüllt. Unsere beiden Koffer erweisen sich als großes Hindernis, mit Mühe finden wir unseren Sitzplatz, auf dem sich andere Fahrgäste breit gemacht haben und die wir erst bitten müssen, ihn frei zu machen. Irgendwie tun uns die anderen natürlich leid, es ist eine Familie, die eigentlich nach Stralsund gebucht hat, sie haben sich auf einen Urlaub in Zingst gefreut, wie sie jetzt dort hinkommen, wissen sie nicht… Und es kommt auch kein Zugbegleiter, der ihnen helfen kann. Kurz vor Frankfurt dann ein paar Durchsagen, die irgendwelche Lösungsmöglichkeiten für die Fahrgäste nach Kassel und Hamburg bieten, jetzt entspannt sich die Lage ein wenig.
Als ich kurz vor Köln mich mit unseren Koffern zum Ausgang aufmache, damit wir dort rechtzeitig aussteigen können, merke ich schnell, dass es für mich kein Zurück mehr gibt, um Roland mit dem Handgepäck zu helfen, er braucht etwas länger, um mir zu folgen. Deshalb warte ich auf dem Bahnsteig auf ihn, der nächste Zug steht schon da, es wird eng, wir erreichen unseren Wagen zwar rechtzeitig, aber es ist kein Durchkommen zu unseren Sitzplätzen. Nun, es ist eben der IC nach Westerland… Also auch wieder total überfüllt, Roland stänkert ein wenig vor sich hin, worauf ein total gestresster und dermaßen unhöflicher Zugbegleiter anstatt ihn zu beruhigen, mit Roland rummeckert und ihm androht, ihn aus dem Zug zu werfen… Die Nerven liegen auf beiden Seiten blank, ich versuche zu beschwichtigen, wir entschließen uns bis Düsseldorf lieber stehen zu bleiben.
Auf dem Düsseldorfer Bahnhof wieder Durchsagen wegen verspäteter Züge, aber die Regionalbahn zum Flughafen ist pünktlich, die weitere Fahrt geht glatt, wir erreichen das Terminal kurz nach 10 Uhr, noch eineinhalb Stunden, bis die Checkin-Schalter öffnen.
Der nächste Schreck steht an, als ich die Toilette aufsuche: gesperrt wegen Verstopfung. Die Aussage der Reinigungskraft „auf dem ganzen Flughafen“ war wohl ein Missverständnis, denn am anderen Ende finde ich eine anscheinend funktionsfähige Toilette, an der ich aber weitergeschickt werde wegen Überfüllung und auch dort – lange Schlangen. Nach längerer Wartezeit kann ich (wortwörtlich) erleichtert weiter über den Flughafen schlendern und mir noch ein paar Hustenbonbons kaufen, meine habe ich leider zu Hause gelassen, immer wieder habe ich Hustenanfälle- trotz des Hustenlösers.
Ich kehre zu Roland zurück, der mit unserem ganzen Gepäck noch im Bistro sitzt, in dem wir etwas gegessen und getrunken haben. Wir beobachten mit Sorge die langen Schlangen an den Check-in-Schaltern. Leider hat es am Vorabend nicht mit dem Webcheckin geklappt, deshalb ist uns klar, dass wir uns bald hier einreihen müssen.
Als dann um 11.30 Uhr unser Flug angezeigt wird, ist die Schlange relativ kurz geworden, aber sie wächst sofort wieder an - lauter Kofferträger mit Hurtigrutenanhängern! Das gute daran: wir wissen, dass wir richtig sind. Vor uns ein sympathisches Ehepaar in unserem Alter, das von Tochter und Schwiegersohn zum Flughafen begleitet wird.
Der Checkin geht relativ zügig voran, wir sind überraschend schnell durch. Beim Sicherheitscheck fällt mein Fotorucksack mit den vielen Akkus auf. Deshalb muss ich zur Sprengstoffkontrolle, die eine nette Beamtin durchführt. Sie tupft das Innere meines Rucksacks mit einem Tuch ab und scannt es anschließend – keine Anstände (weshalb auch; ich hatte eben dummerweise die Akkus im Blitzgerät gelassen - beim nächsten Mal werde ich daran denken…)
Wir gehen zum Gate, wo noch die Gäste nach Spanien die Sitze belegen (eigentlich ist ihr Flug schon längst aufgerufen, aber die Busse sind noch nicht da, die sie zum Flugzeug bringen). Wir finden ein Plätzchen und verbringen die Zeit mit Buch und Hörbuch und vor allem mit „Leute beobachten“, denn allmählich kommen auch die anderen Hurtigrutenfahrer.
Was für Menschen sind das – wie reden sie – wie sind sie gekleidet?
Fazit: vor allem in unserem Alter – Menschen, die mir sofort sympathisch sind, aber auch andere, denen ich nicht so gern begegne. Auffallend sind die vielen Fotoapparate, die um die Hälse baumeln. Ich habe im Augenblick nur die kleine Kamera griffbereit, aber noch keine Lust zu fotografieren. Kleidung: einige geschniegelte und gestylte Damen, aber viele Menschen im Freizeitlook. Also nichts Außergewöhnliches.
Pünktlich werden wir zum Flug aufgerufen, alle sind da – um 13.40 können wir starten.
Unsere Sitzplätze sind vor den Notausstiegen am Fenster über dem Leitwerk. Unsere Sitznachbarin verlässt uns ganz schnell wieder, sie geht einen Platz nach hinten, weil ihr Vordermann unbedingt die Rückenlehne verstellen musste, sie das aber in unserer Reihe nicht konnte. Er war ihr schon unangenehm aufgefallen, als er sich in den Sitz fallen ließ. Aber die Dame ist auch nicht gerade höflich gewesen, meinen Gruß hat sie einfach ignoriert, sie scheint von Anfang an genervt. Roland meint, dass ihr auch meine Hustenanfälle auf den Wecker gingen.
Beim Abflug gibt es eine tolle Ansicht auf den Rhein – dann Flug über den Wolken – irgendwo unter uns sollte Amsterdam liegen – kurze Blicke durch die Wolkendecke – Schiffe sind erkennbar – schließlich immer weniger Wolken über Südnorwegen und dann herrliche Sicht auf die Inseln vor Bergen.
Am Flughafen von Bergen werden wir zu den Bussen geleitet – 22°C und Sonnenschein erwartet uns. Ich bringe die Koffer zum Gepäckfach im Bus, Roland will mit dem Handgepäck in den Bus einsteigen – er fällt mit meinem Fotorucksack auf dem Rücken wieder rückwärts aus dem Bus. Ist noch mal glimpflich abgelaufen, denn ein Besuch im Krankenhaus war eigentlich nicht vorgesehen und glücklicherweise auch nicht nötig – aber der Schreck war groß, erinnerten wir uns doch mit Grauen an Rolands gebrochenen Oberschenkel vor drei Jahren.
Alles ist bestens organisiert, wir kommen um 16.30 Uhr im Terminal an und nehmen unseren Umschlag mit all unseren Unterlagen in Empfang.
Aber erste Enttäuschung: trotz Bestätigung per Mail vom Schiff sind wir ab dem 2. Tag erst um 20.30 Uhr bei der 2. Essenssitzung eingeteilt. Ein späterer Blick auf den Sitzplatz mit Aussicht durch Seiten- und Heckfenster versöhnt uns dann aber mit der Essenszeit.
Im Schiff lassen wir uns erstmal die Cruisecard aktivieren, trinken an der Bar noch ein Bier und hören dann die Durchsage, dass die Kabinen schon fertig sind. Also kurz die Kabine besichtigt, die Koffer stehen schon davor, schnell die Schränke gefüllt und die leeren Koffer zur Rezeption gebracht. Und dann noch ein Kurzbesuch in der Stadt, ein paar Schnappschüsse getätigt, bedauert, dass das so schnell gehen muss, denn ich habe mich mit Roland um 19 Uhr zum Abendessen verabredet – schließlich gilt die Sitzungsregelung noch nicht für den ersten Abend, und da – lange Schlangen – meckernde Menschen. Wieder mal gibt es jemand, der sich an allen vorbeimogeln darf und tatsächlich eingelassen wird.
Das Angebot, dass wir einen Vierertisch mit dem Ehepaar hinter uns haben könnten, scheitert zunächst, da dieses Paar nicht mit uns zusammen sitzen will- angeblich, weil ich ein paar Mal gehustet habe, als wir in der Schlange standen (ich war etwas außer Atmen gekommen, weil ich mich so beeilt habe). Da es aber keine Vierergruppe gibt, die zum Essen will, werden wir beide eingelassen, zwei Männer gesellen sich dann zu uns.
Wir beeilen uns aber mit dem Essen, obwohl so viele leckere Speisen auf dem Buffet sind, auch den Nachtisch lassen wir aus, denn wir wollen um 20 Uhr das Ablegen vom Bug auf Deck 5 aus beobachten.
Später holen wir uns noch unsere Jacken und begeben uns ans Heck von Deck 6 und 7. Mit Tee in unseren neuen Hurtigrutenbechern gehen wir zur Info- und Sicherheitsveranstaltung, die Leitungscrew wird uns von Anita, der Reiseleiterin, vorgestellt.
Dann noch Sonnenuntergang fotografieren, Brückendurchfahrt bewundern, uns mit dem Schiff bekanntmachen und dann kurz nach 23 Uhr müde ins Bett fallen.