Montag 4.April
Ich wache schon vor 6 Uhr auf. Die Enttäuschung den Raftsund wieder nicht gesehen zu haben sitzt tief. Wir liegen mittlerweile in Harstad, es ist stark bewölkt. Aus irgendeinem Grund ziehe ich heute meine Trekkingschuhe mit hohen Schaft an, warum auch immer, was sich später als geniale Eingebung herausstellen soll. Als ich kurz danach auf dem Deck stehe, regnet es zumindest nicht. Ich sehe Renate und den Seebär auf dem Kai, also mache ich mich auch auf den Weg nach unten. Renate hat sich wohl gestern eine ordentliche Erkältung eingefangen, ihr geht es gar nicht gut.
Hier gratuliere ich dem Seebär erstmal zum Geburtstag. Auch die Svalbards kommen jetzt aus dem Schiff um ihm zu gratulieren. Wir schlendern nun vom Kai zurück ins Schiff, es wird langsam Zeit fürs Frühstück. Kaum haben wir an unserem Tisch Platz genommen, treffen von allen Seiten kleine Geschenke für den Seebär ein, er hat kaum noch Platz für seinen Teller.
Als nach dem Frühstück die Lofoten eintrifft, hat bereits wieder Regen eingesetzt. Das schöne Schiff fährt in einem großen Bogen in den Hafen, um direkt hinter uns anzulegen. Gerade mal vier oder fünf Passagiere sind auf der Lofoten zu sehen, aber bei uns sind es auch nicht viel mehr. Eisern harre ich im Regen aus, bis mein Lieblingsschiff endlich am Kai fest vertäut ist.
Genau in dem Moment legt die Nordnorge ab, und wir verlassen Harstad. Wir steuern auf den breiten Vågsfjord hinaus, und schon bessert sich das Wetter. Der Regen hat aufgehört und die Wolkendecke reißt mehr und mehr auf, erste blaue Streifen zeigen sich. Doch ganz wollen uns die Wolken nicht verlassen, an einigen Stellen hängen sie noch tief am Fels. Inzwischen sind wir schon im Solbergfjord in Höhe der Dyrøybrücke.
Es dauert auch nicht mehr lange, bis wir in Finnsnes anlegen. Renate und ich wollen uns an Land ein wenig umsehen, und verlassen das Schiff. Wir gehen bis zum Ende des kleinen Hafens, hier steht die Statue mit dem halben Schiff, und haben von hier einen guten Blick auf die Nordnorge. Im September war ich noch ein Stück weiter, aber da ist jetzt alles dick vereist, deshalb müssen wir bald den Rückzug antreten.
Auf dem Rückweg befindet sich aber auch ein Shop, ich warte davor in aller Ruhe, bis Renate wieder rauskommt. Ein kleines Stück weiter geht Renate nochmal ans Wasser um von dort ein Bild zu machen. Zwei Huskies, die in der Nähe angebunden sind, schleichen sich nun an Renate heran, schnuppern vorsichtig und lassen sich danach ausgiebig von Renate kraulen. Nach einiger Zeit mache ich Renate auf die Abfahrtszeit des Schiffes aufmerksam, die Hunde schauen ihr traurig hinterher, während wir wieder zum Schiff gehen.
Schon heute morgen ist mir im Schiff ein neuer Kapitän aufgefallen. Kai Allbrigsen hat das Schiff verlassen, unser neuer Käpitän ist Kjell Skjoldvær. Wir legen in Finnsnes ab und steuern die Gisundbrücke an. Wir treffen den Großteil unserer Truppe wieder auf Deck 7, von wo aus wir die Abfahrt von Finnsnes und die Einfahrt in den Gisund beobachten.
Wie immer ist die Fahrt durch den Gisund traumhaft schön, zumal jetzt auch noch das Wetter mitspielt. Am Ende des Sundes wird die Fahrrinne enger, hier liegt Gibostad, die alte Handelsstadt. Ursprünglich sollte Gibostad mal das Zentrums Nordnorwegens werden, aber letztlich wurde es dann Tromsø. Gibostad wurde früher sogar von den Hurtigrutenschiffen angefahren.
Nachdem wir den Gisund hinter uns gelassen haben, überqueren wir den Malangenfjord und befinden uns im Straumsfjord. Schon von hier sind die hohen, schneebedecken Berge bei Tromsø zu sehen. Doch zuvor müssen wir noch den Rystraumen, einen starken Gezeitenstrom, passieren. Auf der Insel sollen Moschusochsen leben, aber bisher sind mir dort noch nie welche aufgefallen.
So suche ich auch jetzt wieder vergeblich nach den Tieren, eigentlich sollte man sie doch sehen, immerhin handelt es sich ja um eine recht große Spezies des Tierreiches. So lassen wir Rytsraumen und Insel hinter uns zurück, während vor uns schon der Tromsdalstinden, der Hausberg Tromsøs auftaucht. Auch die Bergstation Storsteinen ist schon oberhalb der Eismeerkathedrale zu sehen.
Nun liegt die Stadt Tromsø vor uns. Schon schieben wir uns am Polaria vorbei, um an der Baustelle, die sich Kai nennt, anzulegen. Renate, die sich weiterhin heftig mit ihrer Erkältung herumplagt, will sich etwas hinlegen. Daher plane ich alleine einen Rundgang durch Tromsø. Doch zuerst treffe ich arcticGateway am Kai. Er wird von hier aus die Tour mitmachen, bis wir wieder zurück in Tromsø sind.
Jens hat seine Web-Kamera mitgebracht, und möchte diese an seinem Kabinenfenster befestigen um die Fahrt komplett aufzuzeichnen. Die anderen unserer Truppe erscheinen jetzt auch nach und nach und begrüßen Jens. Jim Knopf und Arctica haben sich mit einer weiteren Passagierin, wie sich später herausstellt bruni, verabredet, um auf den Storsteinen zu fahren. Ich beginne meinen Rundgang, indem ich mich in Richtung der alten Speicherhäuser wende.
Tromsø zeigt sich wieder mal bei traumhaften Wetter, blauer Himmel und Sonnenschein. Von den Speicherhäusern aus, schlage ich den Weg ein zu der kleinen Kirche und dem schönen Pavillon. Oberhalb des Rathauses bummle ich die Strasse entlang und lande unterhalb des schlossähnlichen, großen Gebäudes. Von dort aus erreiche ich nach wenigen Minuten den Hauptplatz mit der großen Kirche.
Ich spaziere einfach weiter, und lande komischerweise genau an den Ølhallen der Mack-Øl-Brauerei. Hier treffe ich die Kraniche, die wohl auch zufällig hier gelandet sind. Wo wir nun schon mal hier sind, können wir auch kurz hineingehen. Ich bin zuvor den ganzen Weg gegen die Sonne gelaufen. Als ich die Tür zu den Ølhallen öffne, ist es drinnen sehr dunkel, für mich quasi total schwarz.
Ich mache also einen großen Schritt in diese totale Dunkelheit, und falle ins Lokal. Hinter der Tür sind noch zwei kleine Stufen, die hinunter führen. Ich versuche mich irgendwo fest zu halten, aber in der einen Hand habe ich meine Kamera, mit der ich nun gegen die Wand komme, und die andere Hand kann nichts greifen. Ich komme mit einem Fuß schräg auf der untersten Treppenstufe auf, und knicke entsprechend ab.
Nur mit Mühe gelingt es mir das Gleichgewicht wieder zu bekommen, der Fuß schmerz so stark, dass ich die nächste Zeit nur humpelnd laufe. Lediglich der hohe Schaft meiner Trekkingschuhe hat hier Schlimmeres verhindert, mit einem normalen Halbschuh hätte ich mir garantiert die Bänder gedehnt, wenn nicht gerissen.
Nachdem ich den Schreck überwunden habe, sehe ich die Svalbards, die schon hier sitzen, mit einem weiteren Passagier der Nordnorge, und ihr Bier trinken. Ich kaufe mir am Tresen ein dunkles Bier, ein junger Deutscher bedient hier, und setze mich mit den Kranichen zu den Svalbards. Nur wenig später treffen auch die Seebären hier ein, welch ein Zufall, und gesellen sich zu uns. Seebär erkennt am Nebentisch einen jungen Mann, der den Haudegen spielen soll, wenn die Truppe vom polarhistorischen Stadtrumstehen hier eintrifft. Dieser übt schon kräftig mit dem einen oder anderen Bier.
Ich benötige noch ein weiteres Bier um den starken Schmerz zu unterdrücken, und verlasse dann mit den Seebären die Ølhallen. Während die Seebären noch in ein Geschäft wollen, setze ich meinen Rundgang durch Tromsø fort. Vorbei am Skarven, hier ist heute nichts los, wende ich mich erneut in Richtung des großen Platzes. Von da aus gehe ich nun zurück zum Schiff.
Ein erster Gang in die Kabine um die Bilder herunterzuladen. Ich bin etwas überrascht, mein Bett sieht zwar gemacht aus, aber wie? Die Zudecke wurde einfach einmal gefaltet und draufgelegt, ein Großteil des Innenteils schaut allerdings unten weit heraus. Das Laken weist noch die gleichen Falten auf, die ich nach dem Aufstehen hinterlassen habe, nicht mal das Kopfkissen wurde ausgeschüttelt. Was ist den bloß mit meiner fleißigen kleinen Asiatin los. Doch als ich die Kabine verlasse, sehe ich zwei junge Norwegerinnen, die jetzt den Kabinenservice machen, obwohl man nicht so richtig davon reden kann.
Die restliche Zeit bis zur Abfahrt des Schiffes halte ich mich noch an Deck auf. Auf dem Achterdeck ist der Platz allerdings knapp, da viele Reisende es sich hier in der Sonne mit den Stühlen gemütlich gemacht haben.
Pünktlich treffen wir alle zum Abendessen ein, sogar Renate ist dabei, läßt sie doch sonst immer das Abendessen in Tromsø ausfallen, um die schöne Brückendurchfahrt an Deck mitzubekommen. Die Seebärin hatte mit der Crew über den Geburtstag des Seebären gesprochen, doch zuerst werden nun die Vorspeise und der Hauptgang serviert. Schließlich kommt die Crew in einer Reihe an unseren Tisch, dabei "Hurra for deg.." singend und mit Wunderkerzen und norwegischen Flaggen in der Hand. Wir stehen alle auf und klatschen mit, wer kann darf auch mitsingen.
Schließlich bekommt der Seebär noch ein extra großes Stück Nachtisch, doch er schafft es alleine nicht und muss mit Jens und Jim Knopf teilen. Währendessen erscheint die Crew ein zweites Mal singend an einem Tisch etwas weiter oben, doch das Geburtstagskind dieses Tisches ist gar nicht beim Abendessen erschienen.
Wir jedoch feiern Seebärs Geburtstag noch eine Weile. Nach dem Abendessen verzieht sich Renate sofort in ihre Kabine, es geht ihr immer noch nicht besser, eher schlechter. Ich setzte mich mit Jens noch auf ein Bier in die Cafeteria. Er muss in Kirkenes die Kabine wechseln, und wird dann eine Kabine bekommen, bei der er die Kamera nicht sinnvoll anbringen kann. Ich biete ihm an, die Kamera dann in meiner Kabine zu installieren, die hat definitiv die beste Aussicht.
Wir begeben uns anschließend wieder auf Deck 7, von den anderen ist niemand mehr zu sehen, und verharren dort, bis wir Skjervøy erreichen. Das Schiff verweilt hier nur kurz und wir legen wieder ab, um in die Nacht hinaus zu fahren. Da es schon nach 23 Uhr ist, verabschieden wir uns und nur wenig später liege ich in meiner Koje und bin friedlich eingeschlafen.
Fortsetzung folgt ......