Inselhopping im Nordatlantik – mit der MS Fram von Tromsø nach Island (11.05. - 10.06.2016)

  • Samstag, 14. Mai 2016 – Tag 4


    Auf zur ersten Insel (Fortsetzung)


    Wir sind aufgefordert worden, unsere Framjacken anzuziehen, da die letzten Passagiere in den Schauer hineingeraten sind und wir ja deren Thermoanzüge übernehmen müssen :|
    Ich entschließe mich zur Variante T-Shirt mit dünner Regenhose und Framjacke. Normalerweise würde mir dieses Outfit bereits für den Landgang reichen, sofern wir uns dort bewegen können, aber jetzt kommt ja noch die Zwangsjacke (oder genauer: die Jacke, die wir zwangsweise anziehen müssen) drüber :huh:


    Kaum bin ich angezogen, wird auch schon Gruppe 8 aufgerufen :)
    Ich also nichts wie runter auf Deck 2, einen Regata (wie die Thermoanzüge offiziell heißen) in Empfang zu nehmen :miffy: . Eine Bedienungsanleitung für den Anzug braucht man zum Glück nicht, aber jetzt müssen ja noch die Gummistiefel an die Füße und zur Krönung noch die Schwimmweste außen drüber. Jetzt die Fototasche noch irgendwie an mir befestigen, und dann kann es endlich losgehen – zur Warteschlange vor dem Ausgang :wacko:


    Ich habe Glück und kann schon aufs übernächste Boot. Es geht eine Metalltreppe runter auf eine kleine Plattform, an der das Boot vor Kopf festgemacht hat. Dort muss man warten, bis sich die Einstiegs-Plattform des Bootes auf gleicher Höhe befindet. Dann bekommt man ein Zeichen der beiden Helfer und muss rüber – kein Problem, wenn man sich genau an die Anweisungen hält :thumbup:
    An Bord bekommt jeder seinen Platz vom Bootsführer zugewiesen, wobei man entweder rechts oder links aufrücken muss. Natürlich hält sich beinahe jeder zweite nicht daran – schließlich müssen Paare ja zusammensitzen, auch wenn das Boot dadurch Schlagseite bekommt :wacko1: In diesem Fall wird aber gar nicht diskutiert; die Falschsitzer werden auf die andere Seite geschickt, bevor der nächste an Bord darf :ireful:
    Nachdem alle ihren Platz eingenommen haben, geht es endlich los. Keine 3 Minuten später ist die Fahrt auch schon vorbei und um 19:45 Uhr betrete ich erstmals arktischen Boden. Oder genauer: eine Metalltreppe, die vom Expeditionsteam als Landungssteg ins Meer gestellt wurde. 2 Stufen runter, und man steht – nein, nicht an Land, sondern in der Brandung :D Noch zwei Schritte, und dann stehe ich endlich auf dem Festland (sofern man auch eine Insel so bezeichnen darf).


    Wir befinden uns allerdings jetzt erst in der Empfangszone. Wir sollen unsere Schwimmweste ausziehen und uns dann an einer Stelle zur Einweisung sammeln. Dort erklärt uns Tessa, unsere Expeditionsleiterin, dass wir bis 21 Uhr Zeit haben. Wir dürfen nach links auf die Klippen, bis wir die dort stehenden Expeditionsteam-Mitglieder treffen. Nach rechts dürfen wir auf eine andere Klippe laufen, auf der sich eine Eisbär-Selbstschussanlage befindet. Geradeaus bzw. den Hang hinauf befindet sich der Ort, den wir natürlich auch besichtigen dürfen.


    Nun dürfen wir die nächsten knapp 70 Minuten auf eigene Faust verbringen.
    Den Regata können wir ausziehen, aber dafür müssen wir erst einmal die Gummistiefel ausziehen, uns da rausschälen, das Teil irgendwo lagern und hinterher wieder anziehen – das kostet mir einfach zu viel Zeit :thumbdown: Ich ziehe den Reißverschluss so weit auf wie möglich und hoffe, dass ich es so halbwegs aushalten kann.


    Auf geht’s also – im wahrsten Sinn des Wortes – auf die Hochebene, auf der ich von einem Regenbogen empfangen werde, nachdem ich den Ort schnell hinter mir gelassen habe :rolleyes: Im Gegensatz zum Regenbogen (den ich bereits von der MS Fram aus gesehen hatte) verschwindet der Ort ja nicht so schnell; also kann ich ihn auch noch auf dem Rückweg besichtigen.



    Ich folge dem Weg weiter den Klippen entlang, die sich oberhalb einer Bucht hinziehen. Die Bucht ist ganz nett anzuschauen, aber dafür sollen wir hier rüber laufen? ?(



    Ich will fast schon wieder umkehren, als ich von Dominic, unserem Bordfotografen, ein Stück nach vorne zum Klippenrand gewunken werde. Ich schaue, und tatsächlich gibt es etwas zu sehen: :8o:



    Nun laufe ich ganz an der Kante wieder zurück, und richtig: Auf der anderen Seite der Klippesitzen noch mehr Papageientaucher. Ich stelle meine Kamera ein – und in dem Moment kommt die Sonne raus. Besser geht es wirklich nicht, zumal sich die Vögel nun richtig in Positur setzen. :thumbup:



    Ich bin gerade mal 3 Meter von den Tieren entfernt, und sie lassen sich nicht stören, ganz im Gegenteil:



    Dass wir wirklich Glück haben, zeigt auch der Auflauf des Expeditionsteams, dessen Mitglieder sich die schöne Aussicht nicht entgehen lassen wollen. :mosking:



    Ich kann mich kaum von den niedlichen Tierchen losreißen, aber ich möchte ja noch mehr sehen :)
    Also laufe ich vorbei an einer Messstation zum Vogelfütter- und Beobachtungsplatz.



    Vögel kann ich zwar hier nicht beobachten, dafür aber die eingerahmte MS Fram, das Küstenwachschiff sowie das Denkmal eines Seevogels – oder doch nicht?
    Dazu aber später mehr ;)


    Vorbei an einem wohlproportionierten Haus mit fließend Wasser gehe ich weiter zum Wegweiser respektive Entfernungsanzeiger. 450 km von Tromsø, die gleiche Entfernung nach Spitzbergen, 1.900 km zum Nordpol – wir werden uns wohl auf etwas über 74 Grad nördlicher Breite befinden ^^
    Hier sehe ich auch die Auflösung, weswegen das Küstenwachboot wirklich hier liegt: es dient als Versorgungsschiff für die Besatzung der Station.



    Ich habe noch eine knappe halbe Stunde Zeit – mal schauen, ob ich es noch zur Eisbärenjagd schaffe.
    10 Minuten später stehe ich oben und werde Steinar und seinem Gewehr empfangen :locomotive:
    Er erklärt mir die Funktionsweise der Selbstschuss-Anlage (Eisbären sind neugierig und werden von hohen Gegenständen angezogen. In der Klappe vorne liegt Robenfleisch, um das ein Faden gebunden ist. Das andere Ende des Fadens ist am Abzug eines Gewehrs befestigt. Den Rest kann man sich denken…). Er will aber sein Gewehr (natürlich nur aus Zeitgründen) nicht in die Falle einbauen, wie Steinar mir erklärt. Ich habe ihn gar nicht danach gefragt, aber anscheinend wollten wohl die Mehrzahl der Besucher die Falle in Aktion sehen. :fie:



    Da es nach mir keiner mehr bis hierhin schaffen kann, erhalte ich noch eine exklusive Führung zu den Pomorengräbern aus dem 17. Jh. (Reste der zugehörigen Siedlung wurden interessanterweise nicht gefunden) sowie zu den Überresten eines deutschen Fischerhauses aus den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Nebenbei erfahre ich auch die Geschichte des „Seevogeldenkmals“ – es handelt sich um Motor und Propeller eines auf der Insel abgestürzten Flugzeugs. :whistle3:


    Nun muss ich mich auch schon beeilen, um pünktlich meine Fähre zu erreichen.
    Vorbei mit einem lokalen Symbol bemalten Trafokasten sowie dem örtlichen Fuhrpark eile ich zurück zu unserem Fährhafen – ich meine zur Landungsbucht. :mosking:



    Ich bin pünktlich da, aber zu einen ist das 21-Uhr-Boot bereits ausgebucht, und zum anderen muss ich mir ja noch eine Schwimmweste suchen und anziehen (was gar nicht so einfach ist, so ein Teil hat einfach zu viele Schnüre und Befestigungsösen).



    Nachdem ich irgendwann reisefertig bin, darf ich das letzte Passagierboot nehmen und erreiche gegen 21:10 Uhr wieder die MS Fram. Nun muss ich noch die Gummistiefel sowie den Regata ausziehen – erst jetzt merke ich, dass ich ganz schön durchgeschwitzt bin :dos:
    Auch wenn es jetzt wohl nur ein ganz kurzes Abendessen gibt (schließlich schließt das Restaurant in 15 Minuten), hat sich der Ausflug auf jeden Fall gelohnt! :thumbup:


    Ich verlasse den Umkleideraum und bin ganz überrascht: bonimali hat mit dem Abendessen auf mich gewartet (auch wenn ich es ihr vorher anders gesagt habe). :love:
    Also schnell in die Kabine frisch machen und wieder runter zum Restaurant – jetzt haben wir noch 7 Minuten. Das Buffet sieht aber noch gut gefüllt aus, und wir dürfen auch noch in Ruhe essen. Selbst als wir 20 Minuten nach dem offiziellen Schließen gehen, werden wir noch freundlich verabschiedet. Zur gleichen Zeit macht das Schiff die Leinen los und das Expeditionsteam darf auch noch in Ruhe zu Abend essen. :thumbup:


    Nun müssen wir aber rasch in den Panoramasalon, wenn wir die Modenschau nicht verpassen wollen! Wir kommen ein paar Minuten zu spät, bekommen aber trotzdem noch mit, dass die beteiligten Offiziere (einschließlich Kapitän) viel Spaß an den Vorführungen haben. :D


    Gegen 23:00 Uhr – es ist immer noch taghell – geht unser Tag mit der Kabinenverdunklung zu Ende, während Bjørnøya langsam am Horizont im Meer versinkt. :hmmz:

    Chor: Wir sind alle Individualisten :o-smile
    Einzelstimme: Ich nicht :o-tongue


    Reiseberichte siehe Profil :lofoten2:



  • Ich hoffe, Sie haben euch nicht empfohlen unter den Thermoanzug auch noch Windbreaker und warme Unterwäsche drunterzuziehen. Bei mir hat es zwei Landgänge gebraucht, bis ich gelernt hatte, dass auch schon bei 0 Grad ein Sweater untendrunter völlig ausreicht. Und beim ersten Mal mussten wir sogar die Schwimmwesten anbehalten. Bewegung nahezu unmöglich ohne sofort in Schweiß auszubrechen. Bei 7 Grad plus wage ich mir das gar nicht auszumalen. :wacko:

    Es grüßt Capricorn :hut:


    7/11 RW // 3/12 NX // 7/12 FM/VE // 3/13 VE // 1/14 TF // 3/14 LO // 7/14 NX // 4/16 FR // 3/18 VE // 7/19 FR


  • Die Aufforderung, die Jacken anzuziehen kam zustande, nachdem die gebrauchten (und von innen nassen) Anzüge halt an die neuen Passagiere weitergegeben wurden. Sie dienten lediglich als wasserabweisende Schutzschicht, damit es nicht ganz so unangenehm in den Anzügen ist, nicht zum Wärmen.
    Wir konnten uns also aussuchen nicht ganz so warm, aber nass oder alternativ etwas wärmer aber anfangs trocken ;(


    Viele Grüße
    Noschwefi

    Chor: Wir sind alle Individualisten :o-smile
    Einzelstimme: Ich nicht :o-tongue


    Reiseberichte siehe Profil :lofoten2:



  • Die "blinden Passagiere" habe ich schon vor der entsprechenden Durchsage des Expeditionsteams entdeckt. Aber ruft schon "Wer hats gefunden", wenn er gerade fotografiert. :P





    Mein Entschluss, heute an Bord zu bleiben, wird belohnt: Ich kann Noschwefi beim Übersetzen beobachten und fotografieren. Außerdem bietet sich auch das ein oder andere Motiv auf See und an Land.











  • Ich bin verwundert, dass ihr am Strand angelandet worden seid. Eigentlich gibt es dort doch eine recht zweckmäßige Mole.

    Es grüßt Capricorn :hut:


    7/11 RW // 3/12 NX // 7/12 FM/VE // 3/13 VE // 1/14 TF // 3/14 LO // 7/14 NX // 4/16 FR // 3/18 VE // 7/19 FR


  • @Capricorn
    Ich vermute mal, Du meinst die auf Bild 12 ganz links zu sehende Mole.
    Die war aber bereits vom Küstenwachschiff okkupiert worden. Es wurden viele Materialien ausgeladen und mit Maschinen bewegt, wie Du hier sehen kannst:



    In diese Arbeiten hinein ständig Personenverkehr zu haben, war wohl beiden Seiten etwas zu gefährlich...


    Viele Grüße
    Noschwefi

    Chor: Wir sind alle Individualisten :o-smile
    Einzelstimme: Ich nicht :o-tongue


    Reiseberichte siehe Profil :lofoten2:



  • Ja die meinte ich. Aber es macht natürlich Sinn, das zu entflechten. Aus Eurem Bericht ging nicht hervor, dass das Küstenwachschiff auch Güter geliefert hat. Ihr schriebt nur von Beobachtung eurer Anlandung. ;)

    Es grüßt Capricorn :hut:


    7/11 RW // 3/12 NX // 7/12 FM/VE // 3/13 VE // 1/14 TF // 3/14 LO // 7/14 NX // 4/16 FR // 3/18 VE // 7/19 FR


  • Ich sage auch mal ganz herzlichen Dank an Noschwefi und Bonimali für diesen lesenswerten ausführlichen Bericht. Der weckt so manche Erinnerung an "Kleinigkeiten" wieder auf, die ich schon fast vergessen hatte ob der Vielzahl an Eindrücken von dieser Reise (bonimalis "Fischallergie" zum Beispiel :8): ). Und der Bericht zeigt auch die erfahrenen Norwegen- und HR-Fahrer - ich hätte die Namen der Berge und Sunde und Fjorde für mein privates Erinnerungs-Fotobuch mühselig mit Norgeskart und Google recherchieren müssen, da macht ihr es mir wirklich leichter. Herzlichen Dank!!


    Bei so guten und ausführlichen Berichten bleibt für den eher drögen Mitreisenden (Westfale halt :) ) nur wenig zu ergänzen. Ich fang mal am Abreisetag an: nachdem ich ja mit den beiden Berichterstattern das Mitternachtskonzert besuchen konnte, kam ich dementsprechen "früh" ins Hotelbett - und war dennoch für meine Verhältnisse sehr früh schon wieder auf und bereit für das (hervorragende) Frühstück. Auch Akinom nebst GöGa hatten sich bereits im Frühstücksraum eingefunden, und wir konnten den Vormittag gemeinsam planen. Das an diesem Tag traumhafte Wetter sollte zu einer (für mich erneuten) Fahrt auf den Hausberg ausgenutzt werden. Da Noschwefi und Bonimali noch früher unterwegs fahren, hat die Absprache nicht mehr so ganz geklappt - aber auf dem Berg oben haben wir uns ja doch getroffen. Nachdem ich zwei Tage vorher noch oben bei Minustemperaturen im Schneeregen gestanden und nicht wirklich viel gesehen hab, bot sich diesmal ein wahrhaft wunderbarer Ausblick auf die Stadt und die umliegende Landschaft.




    Nach einer ganzen Weile dort oben hieß es dann doch langsam, sich aufmachen, um die Fram zu entern.... Wir fuhren zurück, holten die im Hotel deponierten Koffer und machten uns auf den mühseligen ca. 100m Weg zum Anleger :) Dort gab es zwar schon eine kleine Schlange, aber es ging doch einigermassen flott voran. Die Koffer wurden eingesammelt und mit der Kabinennummer versehen...



    ... und dann konnten wir den (etwas zähen, aber seis drum, wir waren ja im Urlaub und nicht auf der Flucht) Prozess der Einschiffung hinter uns bringen. Man bekam seine Bordkarte mit einem regelrechten Verbrecherfoto drauf (ein zu dunkles Schwarzweiss-Bild mit einer mini-Webcam aufgenommen dient glaube ich nur sehr rudimentär als hilfreich zur Identifizierung :) ) und konnte die Kabine in Augenschein nehmen, erste (sehr sehr positive) Eindrücke vom Schiff gewinnen und auch schon ein Häppchen essen... Ansonsten: siehe Noschwefis Bericht :)



    Nach dem Ablegen und dem (notwendigen!) Pflichtprogramm verbrachte ich die meiste Zeit natürlich draußen, die Eindrücke dieses herrlichen Teils von Norwegen auf mich wirken lassen... solange (vom Abendessen abgesehen) bis wir das gesamte Festland hinter uns gelassen hatten und Kurs auf Bjornoya nahmen...




    Kleine Anekdote am Rande (fast noch verrückter als Noschwefis Arbeitskollegentreff): als ich die Liste meiner Bootsgruppe inspizierte, fiel mir ein Name auf, der genauso war wie der eines guten alten Freundes, den ich aber seit fast 10 Jahren nicht mehr gesehen und bestimmt 2 Jahre nicht mehr gesprochen hatte. Nun ist der Name nicht soooo selten, also hielt ich es für einen witzigen Zufall, machte ein Handyfoto und smste es meinem Freund mit den Worten "Bin auf einem Schiff Richtung Arktis, hier ist jemand an Bord, der genauso heisst wie du"... Antwort kam keine - aber drei Stunden später kam im Panoramasalon jemand auf mich zu und sprach mit an "Sie sehen genauso aus wie jemand, den ich gut kannte" :) :) :) DER BRÜLLER.... nach 10 Jahren treffen wir uns wieder auf einem Schiff in Nordnorwegen... die Welt ist ein Dorf.... und es war so schön :)


    Am nächsten Tag dann Bjornoya, die Bäreninsel (auf die sich heute nur noch selten mal ein Eisbär verirrt). Nachdem wir bei eher mäßig trüber Sicht und Wetter die Küste passierten und uns der Anlandungsbucht näherten, riss pünktlich der Himmel auf, zeigte erstes Blau neben dem Regen und unser Expeditionsteam verkündete: die Anlandung kann stattfinden. Sie wurde zwar als etwas schwierig angekündigt und alle Passagiere, die nicht absolut sicher auf den Beinen seien, wurden um Verzicht auf die Anlandung gebeten, aber es konnte an Land gehen. Die Prozedur mit Stiefeln und Anzügen hat Noschwefi ja gut beschrieben. Ich hatte leider das Pech mit meiner Bootsgruppe sehr lange auf die Ausbootung warten zu müssen, wir standen bestimmt 20,25 Minuten gestiefelt und gespornt in dem gut gewärmten Vorraum des Ausstiegs und bekamen nach und nach in unseren Thermoanzügen einen Hitzekoller. Und als es dann endlich zum Ausbooten ging kam die nächste Überraschung: die Cruisecard musste abgescannt werden. Verständlich zwar, aber nicht angekündigt - versucht mal, die unter Schwimmweste, Rucksack und Thermoanzug rauszupfriemeln :) :) Immerhin, für die weiteren Anlandungen hatten wir etwas gelernt.... Auf der Rampe konnten wir dann auch sehen, warum Menschen, die nicht so gut zu Fuß waren, von einem Anlandungsversuch abgeraten wurde: der Schwell betrug ca. einen Meter... klingt nicht viel, aber wenn man sich vor Augen führt, dass dies dazu führen Kann, dass die Fram von den Wellen um einen Meter angehoben wird und gleichzeitig das Schlauchboot im Wellental um einen Meter abgesenkt, dann ist das schon nicht ohne. Bei der Rückkehr an Bord habe ich ja auch die typische Slapstick-Situation geschafft: rechter Fuß stand auf der Fram, linker Fuß auf dem Polarcirkelboat.... ihr könnt euch vorstellen, was nun kommt: das eine Bein geht hoch, das andere Bein geht runter.... aber dank einigermaßen guter Beinmuskeln und dem kräftigen Zug der freundlichen und kompetenten Helfer an Bord ging alles recht glimpflich ab, eine kleine Macke am Schienenbein, nicht der Rede wert.


    Dann ging es rüber, die Anladungsprozedur hat Noschwefi ja schon gut beschrieben. So sah das dann aus:


    Ich hab mich noch des Anzugs entledigt, bevor ich loszog, die Insel erkunden. Eine persönliche Anmerkung zu dieser Verordnung des Sysselmanns, dass man in den Gewässern rund um Spitzbergen bei Anlandungen und Schlauchbootfahrten diesen Anzug zu tragen habe: Sicherheit ist gut und wichtig, aber diese Vorschrift halte ich für unsinnig. Bei einer schnellen und längeren Schlauchbootfahrt in eisekalter Luft, wie z.B. später bei den Polarcircel-Cruises, macht das sehr viel Sinn. Bei einer 2 Minuten dauernden Überfahrt ist es einfach nur lästig und überflüssig. Denn diese Anzüge sind reiner Kälteschutz, sie sind nicht zu verwechseln mit Überlebensanzügen, die lebensrettend sein können, falls man ins Wasser fallen sollte. Da wären diese Regatta-Overalls eher kontraproduktiv: sie sind nicht wasserdicht und an sich schon schwer und würden einen sehr schnell nach unten ziehen. Ich fände es persönlich sinnvoller, das Anlegen optional zu machen: wer sich darin besser fühlt, soll einen bekommen, wer das nicht möchte, sollte eigenverantwortlich handeln dürfen (man kann ja zur Not eine Erklärung unterschreiben, dass man auf Schadenersatzansprüche im Falle von Erfrierungen verzichtet :) ) Aber das nur am Rande, es ist wie ist ist und den gegebenen Regeln hat man sich halt zu fügen.



    Dann war ich also da, auf meiner ersten "richtig" arktischen Insel. Da ich einen ausgeprägten Hang (meine Frau nennt es "Spleen") zu abgelegenen Inseln habe, war das natürlich ein erstes innerliches Freudenfeuerwerk... Ich hab dann auch die Insel erkundet, allerdings im Gegensatz zu Noschwefi bei der Eisbärenfalle angefangen und mich dann so langsam zurück gearbeitet, dass ich es leider nicht bis zu den Puffin-Felsen geschafft habe. Sehr bedauerlich. Aber im Verlaufe der Reise hatte ichd as Glück, noch öfter Papageientaucher sehen zu können, so dass das Bedauern sich in Grenzen hielt.


    Auf der Insel gab es sogar mal ein Bergwerk, es wurde scheinbar lohnen für einige Jahrzehnte Kohle gefördert. Ein paar Überreste dieser alten Industrie finden sich noch...


    Ansonsten: den wunderschönen Regenbogen sah ich von der anderen Seite :)


    es gab neben der Radiostation noch einige fotogene Hütten


    Und zum Abschluss noch ein Bild der Fram im warmen Licht der Abendsonne vom Startpunkt des Radweges Nr. 1 aus aufgenommen :D



    Irgendwann ging es dann leider zurück, die Fram ging Anker auf und setzte Kurs auf Svalbard... und ein langer, ereignisreicher Tag ging bei einem kühlen blonden in der Panoramalounge zu Ende...

  • Vielen Dank an alle für die Mehrfachberichterstattung! Dass mir trotz schöner Landschaften, beeindruckender Regenbogen und meines Lieblingsschiffes die Fotos der putzigen Papageitaucher am besten gefallen, muss ich wohl nicht erklären :D
    Auf der Grönlandtour letztes Jahr mussten wir die Overalls nur zu den (kostenpflichtigen) Ice Cruises mit den größeren Booten anziehen und da ist uns trotz Fahrtwind und ohne wärmende Unterkleidung schon sehr warm geworden.
    Ich freue mich auf weitere Fotos und Beschreibungen, Spitzbergen steht ja noch ganz oben auf der Wunschliste.

  • Vielen Dank an @Noschwefi, @bonimali und @phge für die anschaulichen Beschreibungen und die seltenen und wunderbaren Bilder von der Bäreninsel.
    Aber, Noschwefi, Ihr habt doch nicht erst dort, sondern schon in Tromsø arktischen Boden betreten. ;)


    Zur Sinnhaftigkeit der vom Sysselmann vorgeschriebenen Anzüge: Wenn man ins Wasser fällt ist schon viel gewonnen, wenn man sehr viel Kleidung trägt, weil das Auskühlen dann langsamer geht.


    Als wir während unserer Grönlandreise 2013 mit der MS Hamburg vor Maniitsoq ausgebootet werden sollten, ist gleich vom ersten Tenderboot ein Matrose ins Wasser gefallen, der mit einem sehr warmen Arbeitsanzug bekleidet war. Seine Kollegen hatten große Schwierigkeiten, ihn auf das Boot zurück zu holen. Er war unglücklich zwischen Bordwand und Tenderboot gefallen. Zu Beginn hat er noch kooperieren können, aber bereits nach weniger als 10 Minuten reagierte er nicht mehr auf Ansprache und wirkte völlig leblos. Letztendlich konnte er doch gerettet werden und ist mit einer Unterkühlung davon gekommen.
    Bei späteren Ausbootungen hatten sich die Matrosen alle mit einer Leine mit Karabinerhaken am Tenderboot gesichert. Das war ihnen wohl vorher zu lästig gewesen.
    Auch aus einem Zodiac ist bei derselben Reise vor Jan Mayen eine Person rückwärts über Bord gefallen. Das war glücklicherweise aber in flachem Gewässer.


    Speziell der erste Vorfall hat uns alle damals sehr mitgenommen. Wir hätten nicht gedacht, dass das eisige Wasser so eine extrem rasche Wirkung hat.


    Viele Grüße
    Laminaria

  • Entschuldigt bitte, ich wollte keine Diskussion lostreten und damit Noschwefis tollen Bericht stören. Ist letztlich ja auch egal, ob und wann ich diese Anzüge persönlich für sinnvoll halte - sie zu tragen ist nun mal die Regel, und an die hält man sich selbstverständlich. Und nun auf nach Spitzbergen :)

  • ich hätte die Namen der Berge und Sunde und Fjorde für mein privates Erinnerungs-Fotobuch mühselig mit Norgeskart und Google recherchieren müssen


    Was meinst Du, woher ich die Namen hatte ;)
    Nur mühsam war es nicht, da ich ja direkt auf die richtige Stelle positionieren konnte ^^
    Aber da ich sie eh für mein Album brauche, habe ich sie auch mal hier eingestellt :D


    Man bekam seine Bordkarte mit einem regelrechten Verbrecherfoto drauf


    Das hatte ich schon wieder erfolgreich verdrängt ;(
    Dafür bekamen wir aber auch das Cruiseband kostenlos dazu :thumbup:


    nach 10 Jahren treffen wir uns wieder auf einem Schiff in Nordnorwegen


    Dazu gibt es noch eine kleine Zufalls-Ergänzung:
    Meine Kollegen und phge's Freund saßen (natürlich) am gleichen 6er-Tisch :whistling:


    Ihr habt doch nicht erst dort, sondern schon in Tromsø arktischen Boden betreten


    Ich meinte das im Sinne von außerhalb Festland- und-vorgelagerte-Inseln-Norwegen, ansonsten zählt ja jede Anlandung in einem Hafen nördlich von Tromsö zum Betreten arktischen Bodens :D


    Viele Grüße
    Noschwefi

    Chor: Wir sind alle Individualisten :o-smile
    Einzelstimme: Ich nicht :o-tongue


    Reiseberichte siehe Profil :lofoten2:



  • Anscheinend habe ich doch zu viel Text


    Endlich der Tag der Selbsterkenntnis,dass ich das noch erleben darf... :laugh1: Nun heisst es aber auch,diese entsprechen umzusetzen! :whistle3:


    Nichtsdestotrotz ( :hmm: ) fantastische Aufnahmen,speziell die der "künstlichen" Puffins! :mosking:


    Edit: die Selbstschussanlage für Eisbären finde ich offengestanden unnötig und brutal!Wieso werden die Tiere dann noch mit Robbenfleisch angelockt und stehen sie nicht unter Schutz? ?(

  • @effemuc Die Selbstschussanlage war sozusagen antik und bereits seit langer Zeit außer Betrieb. Aus einer Zeit, wo es noch mehr der Bären gab. Heute sind rund um die Häuser nur noch Stolper-bzw. Signaldrähte ausgelegt gewesen, die die Annäherung von Bären signalisieren sollten. Allerdings sind wohl die Bären auf Bjørnøya so selten geworden, dass diese Drähte wohl auch nicht mehr in Betrieb sind.

    Es grüßt Capricorn :hut:


    7/11 RW // 3/12 NX // 7/12 FM/VE // 3/13 VE // 1/14 TF // 3/14 LO // 7/14 NX // 4/16 FR // 3/18 VE // 7/19 FR


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  • Bevor ich aus dem Forum ausgeschlossen werde, schnell ein paar Zeilen...
    Ich/ wir sind am Freitag natürlich mit wehender Fahne zum Anleger, um die Fram zu begrüßen. @Sagittaria war so lieb und hat mir geschrieben, als sie die Brücke in Sicht hatten.
    Wir haben uns dann für nach den Frokost verabredet um auf den Berg zu fahren.
    Es war sehr schön mit euch
    <3 .
    Beim einschecken auf der Fram, wo wir nur 1,5 Stunden in der Schlange standen, hatten wir noch eine nette Begegnung. Thomasz vom Expeditionsteam ging an uns vorbei, blieb stehen und kam zurück mit den Worten: " wellcome back on bord"
    Er war mit uns 2014 in der Antarktis. Wir haben uns natürlich gefreut.
    Der Tag war dann nicht weiter aufregend. Natürlich die Verabschiedung der Fories auf der Midnatsol, war schon Klasse.
    :sdanke: :sdafuer: @Sagittaria, @Garry, @Haas67
    Die Fahrt raus von Tromsö weg war so schön, das wir uns die Begrüßung geschenkt haben. Wir haben lieber Runden gedreht und genossen.
    Am Samstag war laut meinen Aufzeichnungen nix besonderes. Obwohl alles besonders war... Wir waren in Norge, auf einem Schiff etc.
    Wir sind nicht mit an Land gegangen. Uns waren die Wellen zu unberechenbar.


  • Bevor ich aus dem Forum ausgeschlossen werde, schnell ein paar Zeilen...


    An dem Satz bin ich jetzt schuld! Da ich gerne in dem tollen Bericht weiter lesen möchte und Noschwefi wahrscheinlich auf den Beitrag von Akinom wartet, hab ich da mal dezent erinnert ;) !
    Danke für den tollen Bericht in Quadrophonie!

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