Samstag, 09.05.2015 - Freunde für's Leben?
Wie sich schon beim ersten Blick aus dem Fenster zeigt, hatte der Wetterbericht für heute leider weitestgehend richtig gelegen. Seit heute Morgen zeigt sich der Himmel im Wechsel hell-, mittel- oder dunkelgrau.
Trotzdem bin ich in Harstadt
auf dem Umlaufdeck, um die Polarlys zu begrüßen.
Da ein Fahrgast oder Besatzungsmitglied von der Polarlys auf die Trollfjord umsteigt und die Polarlys erst gegen 8.10 Uhr zum Aussteigen bereit ist, verlassen wir Harstadt mit gut 20 Minuten Verspätung.
Dennoch sind wir pünktlich in Finnsnes.
Ich gehe von Bord, schaue, ob's dem Schokoladenmännchen gut geht , mache einen kurzen Rundgang im Ort, begrüße dabei auch Ottar von Lenvik, der über den Hafen wacht und bin wieder pünktlich an Bord. Da aber große Mengen Fracht zu verladen sind, fahren wir erst mit gut einer halben Stunde Verspätung ab.
Nachdem es an Deck reichlich frisch ist, verziehe ich mich nach drinnen und gehe kurz darauf zum Mittagessen. Etwas von den überbackenen Kartoffeln mit Zwiebeln, roten Bohnen und Mais, ein wenig Hähnchenbrust und ein bisschen von einem leckeren Fischtopf mit Gemüse und Oliven. Zum Dessert etwas Eis und nochmals vom Kirschkompott mit der Sauerrahmcreme. Dabei wollte ich doch nur einen ganz kleinen Happen essen.
Nach dem Essen ziehe ich mich auf meine Kabine zurück, schreibe ein wenig am Reisebericht, halte Kontakt mit Zuhause und mache mich für den Rundgang durch Tromsø bereit.
Um 14.45 erreichen wir Tromsø. Die große Gruppe mit den Konferenzteilnehmern verlässt hier das Schiff, es wird also erst mal wieder spürbar ruhiger auf dem Schiff. Aber noch weiß man natürlich nicht, wieviele Engländer mit der Kurztour Tromsø - Kirkenes - Tromsø dafür an Bord kommen.
Leider werden Tromsø und ich in diesem Leben wohl keine Freunde mehr werden. Dabei kann man der Stadt nicht einmal unterstellen, sie sei nicht bemüht, dieses Mal einen anderen Eindruck von sich zu vermitteln. Der Himmel ist zwar genauso novemberlich grau, wie bei unserem ersten Aufenthalt im September, aber als Begrüßungsgeschenk hat sie sich diesmal ausgerechnet ekelhaften kalten Regen bei 5 Grad ausgedacht. Also wahrlich die besten Voraussetzungen dafür, endlich Freundschaft zu schließen...
Aber so sehr sich die Stadt auch um den anderen Eindruck bemüht, es will ihr einfach nicht gelingen, mein Herz zu erobern...
Doch das heutige Wetter scheint nicht einmal den Einheimischen so recht zu behagen. Tromsø ist die erste norwegische Stadt, in der ich auf dieser Tour niemanden in Bermudas, Shorts und dergleichen entdecke. Man beschränkt sich auf geöffnete Anoraks etc.
Ich gehe kreuz und quer durch die Stadt, sogar ein gutes Stück den Berg hoch, bis zur Kongsbakkenschule und entdecke auf meinem Rundgang auch ein paar Stellen, die wir das letzte Mal nicht gesehen haben und die durchaus sehenswert sind, aber für Freundschaft oder Liebe reicht das nicht wirklich.
Gegen 15.45 Uhr bin ich dann auch schon wieder auf dem Schiff. Durchnässt und durchgefroren. Doch für den Fall, dass der Regen noch nachlässt, habe ich mir vorgenommen, nochmals einen Versuch zu unternehmen, endlich dem angeblichen Charme des Paris des Nordens zu erliegen.
Leider hört der Regen erst gegen 17.30 Uhr auf, so dass ich auf den zweiten Landgang verzichte. Ich glaube nicht, dass mich die Stadt innerhalb einer knappen Stunde noch in ihren Bann ziehen kann.
Kurz vor Abfahrt hört man dann doch deutlich mehr englisch als in den vergangenen Tagen. Es sind also eine ganze Anzahl Gäste für die hauptsächlich in England beworbene Tour Tromsø - Kirkenes - Tromsø an Bord gegangen, doch bei Weitem nicht so viele, wie uns Konferenzteilnehmer verlassen haben.
Die Abfahrt aus Tromsø erleben wir (meine Tischnachbarn und ich) auf dem Umlaufdeck.
Allerdings ist es dort reichlich ungemütlich, so dass wir uns nach 1/4 Stunde wieder nach drinnen verziehen. Wir unterhalten uns noch ein wenig und sind uns auch sehr schnell einig, dass wir in Anbetracht der Wettervorhersage auf den Nordkappausflug verzichten werden. Diese Entscheidung hatten wir bis zum Schluss aufgeschoben, um tatsächlich wetterabhängig entscheiden zu können. Bei dem für's Nordkapp vorhergesagten Regen und Windstärke 7 - 8 dürfte das eine ziemlich ungemütliche Angelegenheit geben. Und sofern das Wetter mitspielt, können wir südgehend immer noch am Ausflug "Frühstück am Nordkapp" teilnehmen. Oder das Nordkapp kommt wieder auf die Liste mit den Gründen für eine weitere Fahrt. Anschließend gehe ich in die Kabine, rufe meinen Schatz an und ergänze den Reisebericht um die Erfahrungen in und mit Tromsø.
Um 19.30 Uhr wird im Konferenzraum eine Diashow über norwegische Trachten gezeigt. Die schaue ich mir an. Obwohl die Grundform der Tracht über das ganze Land ziemlich gleich ist, sind die vielfältigen regionalen Unterschiede beeindruckend.
Das Abendessen ist - wie in den letzten Tagen - sehr gut. Zur Vorspeise gibt's eine Karottensuppe mit Ziegenkäse, danach gedünsteten Lachs mit Spargel und zum Abschluss ein lauwarmes Moltebeerküchlein mit einer Kugel Ingwereis. Dazu leisten wir uns ein großes Bier ... Das erste Mal auf dieser Tour gibt es auch etwas mehr Seegang, den man im Restaurant auch immer wieder zu spüren bekommt.
Nach dem Abendessen ziehe ich mich direkt in die Kabine zurück. Ich gehe zeitig zu Bett und schlafe auch gleich ein, trotz des Knarren und Knarzens der Kabinenverkleidung, das wieder sehr verlässlich jede noch so kleine Schiffsbewegung akustisch anzeigt.